735 UBS-Millionen belasten Genfer Bank

Die US-Justiz nimmt Pictet wegen Geschäften mit ihren amerikanischen Kunden ins Visier. Der Privatbank flossen Millionen von UBS-Gelder zu.

Von Peter Hossli

Für die 207 Jahre alte Bank ist das höchst unangenehm. Sie weiss: Amerikanische Fahnder ermitteln erst dann, wenn ihnen ein begründeter Verdacht vorliegt.

Was dieser sein könnte, weiss Pictet noch nicht. Eine Person, die im Bild ist, sagt: «Die USA reagieren noch immer sehr empfindlich auf jene Banken, die nach 2008 ehemalige US-Kunden der UBS übernommen haben.»

Das hat Pictet getan. Im Juli 2008 gab die UBS in Washington ihren Ausstieg aus dem grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Kunden bekannt. Die Grossbank war in Amerika der Beihilfe zum Steuerbetrug überführt worden. Infolge mussten Zehntausende Amerikaner neue Tresore für ihr Erspartes finden. Viele brachten es zurück in die USA. Einige aber suchten nach neuen Verstecken in der Schweiz.

Pictet flossen aus UBS-Konten insgesamt 735 Millionen Franken von US-Kunden zu. Das weiss SonntagsBlick von zwei unabhängigen Quellen. Damals nahm nur gerade die Bank Julius Bär mehr UBS-Gelder von Amerikanern an. Zur Bank Wegelin trugen UBS-Kunden rund 500 Millionen Franken. Anfang 2012 wurde Wegelin in den USA angeklagt. Nicht zuletzt, weil sie aktiv um US-Kunden warb.

Noch gibt es keine Hinweise, dass ein einziger Pictet zugeflossener Franken unversteuert war. Gleichwohl vermuten Genfer Bankiers diese Transfers als Treiber hinter der Untersuchung. Pictet will mit den US-Behörden kooperieren.

Hinzu kommen taktische Gründe. Erstmals nehmen Amerikaner ein Genfer Geldhaus ins Visier. Die Botschaft an steuersäumige US-Bürger: «Nicht einmal in der verschwiegenen Rhone-Stadt seid ihr noch sicher. Zeigt euch selbst an.»

Als vorbildlich gibt sich Pictet bei Steuerthemen. Seit 2006 betreibt sie von Genf aus Pictet North America Advisors (PNAA), eine der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC unterstellte Einheit. Die amerikanische Steuerbehörde hat auf alle PNAA-Konten vollen Zugriff.

Pictet überlässt US-Kunden die Wahl: Sie können ihre Vermögen von der PNAA oder von der Schweizer Pictet verwalten lassen. Bleiben sie bei Pictet Schweiz, müssen sie alle US-Steuerformulare ausfüllen. Oder aber Pictet kauft für ihre US-Kunden mindestens eine US-Aktie. Automatisch wird dann die Kundenbeziehung den USA gemeldet.

Die US-Einheit ist erfolgreich, und sie wächst rasant. 2008 verwaltete sie 650 Millionen Franken. Ein Jahr später waren es 1,645 Milliarden. Mitte 2012 hatten amerikanische Privatkunden 3,3 Milliarden Franken bei PNAA.

Steuerstreit Schweiz – USA
US-Behörden ermitteln in Steuerfragen gegen zwölf Schweizer Banken. Drei betroffene israelische Banken mit Sitz in der Schweiz, so heisst es, strebten keine Einigung an. Die Neue ­Zürcher Bank befindet sich in ­Liquidation. Das Bankhaus ­Wegelin ist angeklagt. Sieben Geldhäuser wollen je einen ausser­gerichtlichen Vergleich: die Zürcher und die Basler Kantonalbank, Julius Bär und Credit Suisse, Pictet sowie die Schweizer Ableger von HSBC und Liechtensteinischer Landesbank. Sie müssen ihr Geschäftsgebaren ­offenlegen, Bussen zahlen und – der schwierigste Punkt – den US-Behörden die Namen steuersäumiger Kunden liefern.