Von Peter Hossli
Es ist die Ur-Idee von Amerika, in Stein gemeisselt steht sie auf dem Obersten Gerichtshof in Washington D. C.: Alle sind unterhalb des Gesetzes gleich.
Heilig ist den Amerikanern die Gewaltentrennung. Konflikte werden juristisch ausgetragen. Ein Verbrechen begeht, wer mögliche Zeugen bedroht oder beeinflusst. Oder wer gar Strafvereitelung begeht.
Was möglicherweise US-Präsident Donald Trump (70) getan hat. Er stellt sich über das Gesetz. Das erschüttert die Amerikaner mehr als Trumps flapsige Sprüche.
Am Dienstag entliess Trump FBI-Direktor James Comey (56) Knall auf Fall. Das FBI untersucht, wie Russland 2016 in den US-Wahlkampf eingegriffen hatte. Und was Trumps Team darüber wusste.
Im blauen Brief bedankte sich der Präsident bei Comey für dessen «dreifache Zusicherung», gegen ihn werde nicht ermittelt. Amerikanische Juristen sahen rot. Das sei eine «illegale Beeinflussung der Justiz». Comeys Entlassung greife in eine laufende Untersuchung ein.
Am Donnerstag berichtete die «New York Times», Trump habe von Comey «absolute Loyalität» verlangt, selbst im Falle einer Verstrickung mit Russland. Comey sicherte ihm dies nicht zu – und flog.
Die Geschichte brachte Trump in Rage. «James Comey sollte besser hoffen, dass es keine Aufnahmen gibt von unseren Gesprächen, bevor er beginnt, mit der Presse zu plaudern», twitterte Trump.
Ein Tweet zu viel? «Trump tönt wie ein gruseliger Maniac, der Rache-Pornos schaltet», schreibt «New York Times»-Reporter C. J. Chivers. Bekannt wurde nun: Trump liess seit Jahren Gespräche ohne Wissen seiner Gesprächspartner aufzeichnen. Was in den USA illegal ist.
Der Tweet selbst könnte ein noch schlimmeres Verbrechen sein. Wer in Amerika Druck auf Zeugen ausübt, muss mit bis zu 20 Jahren Gefängnis rechnen.
Neben Comey hat Trump zwei weitere Personen entlassen, die in die Untersuchung der Russland-Connection verstrickt sind: Der New Yorker Bundesstaatsanwalt Preet Bharara (48) musste wohl gehen, da er finanziellen Beziehungen Trumps zu Russland nachging.
Für Trump juristisch problematischer ist die Entlassung von Sally Yates (56). Sie war zuletzt stellvertretende Justizministerin der USA. In dieser Funktion hatte sie Trump davor gewarnt, Sicherheitsberater Michael Flynn (56) hätte ihn über ein Treffen mit dem russischen Botschafter in den USA belogen. Vier Tage darauf entliess Trump die Juristin. Flynn aber blieb noch 18 Tage im Amt.
Trump setzte später Tweets ab, in denen er Yates drohte. Ein Ankläger könnte dies durchaus als Angriff auf eine künftige Zeugin werten – im Land der Richter und Anwälte ein klares Vergehen.
Wie Trump verhält man sich in der Regel nur, wenn man etwas zu verbergen hat. Warum schweigt er nicht einfach? Sicher ist zweierlei: Trump ist anders als jeder bisherige US-Präsident. Und er hört nicht auf Juristen im Weissen Haus.
Letztlich gilt zu klären, wie die Nähe zu Russland überhaupt erst zustande kam. Es gibt eine harmlose und eine für Trump gefährliche Antwort. Trump, so die harmlose Theorie, strauchelte über Geschäfte nach Moskau. Naiv schloss er Kontakte zu dubiosen Figuren. Irgendwann verlor er den Überblick.
Die gefährliche These: Er ist eine Marionette des russischen Präsidenten Wladimir Putin (64).
Noch spricht weit mehr für die erste Erklärung. Die zweite wäre das Ende von Präsident Trump.