Acht Richter entscheiden über Trumps Macht

Der umstrittene Einreise-Stopp von Donald Trump beschreitet den Weg durch die juristischen Instanzen. Das Verdikt wird wegweisend für Trumps Präsidentschaft.

Von Peter Hossli (Text) und Priska Wallimann (Infografik)

Amerika sei das «Land der Anwälte und Richter», schrieb der französische Gelehrte Alexis de Tocqueville 1832. Treffender lässt sich die USA nicht beschreiben. Gibt es Streit, hat immer ein Richter das letzte Wort.

Wie jetzt beim Einreisestopp für Flüchtlinge und Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern. Per Dekret hat ihn US-Präsident Donald Trump (70) vorletzte Woche verhängt. Ob das verfassungskonform ist, entscheiden wohl acht Bundesrichter. Denn schon bald dürfte das Dekret beim Obersten Gerichtshof in Washington D.C. liegen.

Das Verdikt der acht Richter dürfte wegweisend sein für Trump und dessen Macht. Zumal das US-Rechtssystem auf Präzedenzfälle aufbaut.

Gewinnt der Präsident, stärkt ihn das. Dann kann er einfacher mit Dekreten regieren.

Verliert er, schwächt ihn das. Dann muss er vermehrt Gesetze durch den Kongress bringen.

Der Fall elektrisiert die USA, da es ein wichtiger Test ist für Trump. Alles ist öffentlich. So übertrug das Berufungsgericht von San Francisco letzte Nacht eine Anhörung der beiden Parteien im Fall «Washington v. Trump». Zu Wort kamen die Anwälte des Staates Washington, die gegen das Dekret klagen, sowie Juristen des US-Justizministeriums, die Trump vertreten.

Wer verliert, zieht die Sache an die nächste und letzte Instanz weiter – den Obersten Gerichtshof.

Wie kam es so weit? Am 27. Januar erliess Trump ein umstrittenes Dekret. Bürger aus Iran, Irak, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen dürfen während 90 Tagen nicht mehr in die USA reisen. Während 120 Tagen nimmt Amerika keine Flüchtlinge mehr auf. Trump wolle die USA vor «radikalem islamischem Terrorismus» schützen.

Die beiden US-Bundesstaaten Washington und Minnesota reichten am 30. Januar dagegen Klage ein. Widersprüchlich sei das Dekret, hastig verfasst, verfassungswidrig. Der Beklagte? Trump.

Das Bundesgericht in Seattle nahm die Klage an. Richter James Robart (69) urteilte am 3. Februar, das Dekret sei nicht verfassungskonform.

Trump tobte und stellte über Twitter die für Amerika zentrale Gewaltenteilung in Frage. Robarts Entscheid sei «lächerlich». Sollte «etwas passieren, ist das Rechtssystem schuld».

Sofort wies Trump das Justizministerium an, den Entscheid anzufechten. Der Fall kam von Seattle ans Berufungsgericht nach San Francisco. Von dort gelangt er an den Obersten Gerichtshof in Washington D.C. Acht Richter entscheiden, da der neunte Sitz seit dem Tod von Antonin Scalia (†80) verwaist ist.

Möglich wäre also ein 4-4-Patt. Dann gälte der Entscheid der vorherigen Instanz als rechtskräftig, also vom Berufungsgericht in San Francisco.