Von Peter Hossli
Kein Buch verkauft sich in den USA derzeit besser als der Science-Fiction-Klassiker «1984». Lügende Machthaber schildert darin der englische Autor George Orwell (1903–1950). Statt der Wahrheit propagieren sie «Neusprech».
Den ersten Platz in der Amazon-Verkaufsstatistik verdankt Orwells düstere Vision Kellyanne Conway (50), der Beraterin von Donald Trump. Wenn sie Lügen des US-Präsidenten verteidigt, spricht sie von «alternativen Fakten».
Bulldogge und Terrier zugleich
Wie niemand sonst symbolisiert Conway die radikalste Neuerung der neuen US-Regierung: Es ist sogar okay, einfach widerlegbare Lügen zu verbreiten. Etwa dass drei Millionen illegal für die Demokratin Hillary Clinton (69) gestimmt hätten.
Ein «alternativer Fakt» ist für Conway, was falsch ist. So pulverisiert sie das höchste Gut der Demokratie: die Wahrheit.
Die vierfache Mutter klingt wie Trumps Echos. Sie ist Bulldogge und Terrier zugleich. Ausserhalb seiner Familie vertraut Trump niemandem mehr als Lady Orwell.
Von Cruz zu Trump
Ihr jüngster Coup: Conway überzeugte Trump davon, die eigene Steuererklärung nie zu veröffentlichen. Obwohl er es versprochen hatte. Conway weiss: Die Wahrheit über Trumps Finanzen könnte ihm schaden – und zeigen, wie sehr der Präsident Politik und Geschäft verknüpft.
Vor ihrem Job bei Trump war Conway als Meinungsforscherin tätig. Zu Beginn der Präsidentschaftswahlen unterstützte die Abtreibungsgegnerin den Kandidaten Ted Cruz (46). Nach dessen Abgang übernahm sie Trumps Team und lenkte als erste Frau den Wahlkampf eines republikanischen Präsidentschaftsbewerbers – mit Erfolg.