Von Peter Hossli
Einen Slogan aus dem Showgeschäft warf Donald Trump (70) den Reportern zuletzt noch hin. «You’re fired», werde er seinen beiden Söhnen sagen, sollten sie sein Geschäft erfolglos führen, während er Amerika regiert.
Der Satz – «Ihr seid entlassen» – stammt aus der TV-Show «The Apprentice», die Trump einst moderierte.
Die Welt staunte über den grotesken Schlusspunkt eines grotesken Auftritts an der Medienkonferenz am vergangenen Mittwoch in New York. Steht hier der künftige Lenker der mächtigsten Macht der Welt? Oder eher ein mässig unterhaltsamer Entertainer, verloren im falschen Film?
Dabei ist die Sache nun todernst. Am Freitag um 12 Uhr legt Trump auf einer Bibel den Amtseid ab. Dann ist er der 45. Präsident der USA. Goodbye sagt Amerika allem, was in der Politik bisher als gang und gäbe galt.
Auf Wiedersehen, Normalität!
Regieren wird dann ein Narzisst, der alles in Gut und Böse einteilt. Der 2,8 Millionen Stimmen weniger erhielt als Hillary Clinton (69). An dem ein russischer Makel haftet: Zu seinen Gunsten mischten sich Spione aus Moskau in die US-Wahlen ein.
Nie startete ein amerikanischer Staatschef mit weniger Legitimität als Trump. Wobei das nur eine von vielen Abweichungen von der Norm ist.
Normal war, dass sich ein US-Präsident zumindest besonnen ausdrückt, im besten Fall rhetorisch stark war. Fortan regiert ein Mann, der andere via Twitter beleidigt. Der in Rätseln redet. Der gerne platte Adjektive wie «grossartig» und «traurig» benutzt. Mitglieder seines Kabinetts? «Sehen gut aus!» Sich selbst bezeichnet er als «grössten Job-Beschaffer, den Gott je hervorgebracht hat».
Als schwierigster Job galt bis anhin der Posten des US-Präsidenten. Trump aber meint, er könnte problemlos Amerika regieren und nebenher sein Immobilien-Hotel-Golfplatz-Krawatten-Imperium führen. So verhöhnt er die Würde des Amtes, das er bald bekleidet.
Trump weigert sich – als erster US-Präsident überhaupt –, die eigene Steuererklärung publik zu machen und damit die Herkunft seines Vermögens. Obwohl er das im Wahlkampf versprochen hat.
Wie in Bananenrepubliken üblich, verschmelzen Geschäft und Amt. Obwohl zwei Söhne den weltweit tätigen Trump-Konzern leiten werden, bleibt Trump finanziell daran beteiligt. Folglich profitiert er direkt von Entscheiden, die er als Präsident fällen wird.
Nie zuvor bekleidete er ein öffentliches Amt. Trump mag Deals, nicht knochentrockene Arbeit mit Paragrafen. Er kürte Schönheitsköniginnen, trieb Casinos und eine Airline in die Pleite, baute Häuser. Stets war er umgeben von Mitgliedern seiner Familie. Nun holt er seinen Schwiegersohn als engsten Berater nach Washington.
Mangel an Erfahrung übertüncht er mit Kraftmeierei. Ein «gescheitertes Stück Abfall» nannte er das Webportal «Buzzfeed» am Mittwoch. CNN? «Gefälscht!» Die US-Geheimdienste? Erinnern ihn an «Nazi-Deutschland». Wie kein Land sonst ehren die USA die Freiheit der Presse. Für Trump sind Journalisten «erbärmliche und unehrliche Kerle».
Mehr Cowboystiefel als Turnschuhe dürfte man in Washington künftig sehen. Die Anzüge werden grauer und hängen eher wie Säcke von Schultern, als eng anzuliegen. Derbe Witze kommen, der Sinn für Kunst weicht.
Eine Ehre war es jeweils für Musiker, im Weissen Haus aufzutreten, egal ob ein Republikaner oder ein Demokrat regierte. Nun weigern sich viele, für Trump zu singen. Maler fordern derweil Werke zurück, die dessen Tochter Ivanka (35) ihnen einst abkaufte.
Das Weisse Haus? Degradiert Trump zur besseren Hütte. Seit 1800 diente es als Residenz aller Präsidenten. 1600 Pennsylvania Avenue galt als begehrteste Adresse der Welt, als Zentrum aller Macht. Trump aber will eher Zeit im dreistöckigen Penthouse in Manhattan verbringen. Es ist grösser und reichlich verziert mit Gold.
Zudem bleiben dort Gattin Melania Trump (46) sowie der zehnjährige Sohn Barron. Ins Weisse Haus ziehen sie vorerst nicht. Entehrt wird damit das in Amerika so wichtige Amt der First Lady – der sichtbarste Bruch mit der Norm.
Formell hat die Gattin des Präsidenten zwar keine Macht. Aber sie bestimmt oft den Stil der Präsidentschaft. Sie gibt ein Vorbild ab und engagiert sich für noble Sachen.
Hillary Clinton sah sich als Bills gleichwertige Partnerin. Bibliothekarin Laura Bush (70) ermutigte als First Lady viele Kinder zum Lesen, Michelle Obama (52) zum gesund Essen.
Ex-Model Melania aber fiel einzig damit auf, Michelle Obamas Rede zu kopieren. Eine Mode-Ikone wie die aktuelle First Lady dürfte sie kaum werden. Stardesigner wie Tom Ford, Marc Jacobs und Sophie Theallet weigern sich öffentlich, für sie etwas zu schneidern.
Wie stark Trumps narzisstische Prägung ist, zeigte er letzte Woche. Schauspielerin Meryl Streep (67) kritisierte bei der Golden-Globe-Verleihung, dass Trump einen körperlich behinderten Reporter blossstellte. Statt demütig zu schweigen, beschimpfte er Streep als «eine der meistüberschätzten Schauspielerinnen Hollywoods».
Zwar wartet eine Herkulesarbeit auf Trump, doch der sucht wie ein Pausenplatz-Rüpel ständig Krach. Als wolle er nicht Präsident aller werden, sondern nur seiner Fans. Via Twitter rief er jüngst dazu auf, bei L. L. Bean einzukaufen. Die Besitzerin der Textilfirma hatte ihn im Wahlkampf unterstützt.
Kein anderer US-Präsident war bei Amtsantritt älter als Trump. Reifer und präsidialer ist er durch den Wahlsieg aber nicht geworden. Die Hoffnung, dass es trotz allem besser herauskommt, als viele fürchten – sie stirbt zuletzt.