Duell für 100 Millionen

Von Peter Hossli Heute Nacht duellieren sich Hillary Clinton (68) und Donald Trump (70) live am Fernsehen. Es ist die erste von drei Debatten. Und sie ist wegweisend. Der Wettlauf um den Einzug ins Weisse Haus dauert zwar schon weit über ein Jahr. Viele Amerikaner interessieren sich aber erst mit den TV-Duellen dafür. Clinton scheint im Nachteil. Sie gilt als Macherin, nicht als Rednerin. Sie kann mit Fakten und Argumenten überzeugen, was am Fernsehen aber zweitrangig ist. Entscheidend sind da Charisma und Rhetorik. Wie jemand etwas sagt – nicht was. Trump beherrscht das Fernsehen. Landesweit berühmt wurde er durch die Reality-TV-Show «The Apprentice» («Der Lehrling»). Sein Satz «You’re fired» («Sie sind gefeuert!») wurde ...

Von Peter Hossli

clinton_trump_debateHeute Nacht duellieren sich Hillary Clinton (68) und Donald Trump (70) live am Fernsehen. Es ist die erste von drei Debatten. Und sie ist wegweisend. Der Wettlauf um den Einzug ins Weisse Haus dauert zwar schon weit über ein Jahr. Viele Amerikaner interessieren sich aber erst mit den TV-Duellen dafür.

Clinton scheint im Nachteil. Sie gilt als Macherin, nicht als Rednerin. Sie kann mit Fakten und Argumenten überzeugen, was am Fernsehen aber zweitrangig ist. Entscheidend sind da Charisma und Rhetorik. Wie jemand etwas sagt – nicht was.

Trump beherrscht das Fernsehen. Landesweit berühmt wurde er durch die Reality-TV-Show «The Apprentice» («Der Lehrling»). Sein Satz «You’re fired» («Sie sind gefeuert!») wurde Kult. Trump wirkt auf viele charismatisch. Allerdings ist er in politischen Bereichen nicht sattelfest. Gut für ihn, dass in der Politik häufiger Gefühle als Fakten zur Realität werden. Gegen ihn spricht: Rüpelhaftes Auftreten stösst viele Wähler ab.

Gegen 100 Millionen Amerikaner werden zuschauen, wenn sich die Kandidaten an der Hofstra University bei New York messen. Lester Holt (57) von NBC moderiert das 90-Minuten-Gespräch. Er darf die Fragen frei wählen. Ansprechen dürfte er die Waffengewalt, die jüngsten Terroranschläge, Immigration und den Lauf der Wirtschaft.

Das waren die besten US-Fights

1960 Kennedy gegen Nixon

kennedy_nixonDamals strahlte das Fernsehen noch schwarz-weisse Bilder aus. Richard Nixon (1913–1994) wählte einen grauen Anzug für das Duell – dummerweise deckungsgleich mit dem Dekor im TV-Studio. Er versank einem Chamäleon gleich im Bild. John F. Kennedy (1917–1963) trug telegenes Dunkelblau. Zudem trug Nixon keine Schminke und hatte leichtes Fieber: Der Schweiss rann ihm übers Gesicht. Kennedy, frisch gepudert, sah jugendlich aus – und gewann. Nicht weil er klügere Argumente hatte. Radiohörer bezeichneten in Umfragen Nixon als Sieger.

1988 Quayle gegen Bentsen

quayle_bentsenDie berühmteste Vize-Debatte lief 1988 zwischen dem Republikaner Dan Quayle (69) und dem Demokraten Lloyd Bentsen (1921–2006). Bentsen, damals 67, beschrieb den 26 Jahre jüngeren Quayle als unerfahren. Dieser wehrte sich: «Ich habe so viel Erfahrung im Kongress wie Jack (John F.) Kennedy hatte, als er für das Weisse Haus kandidierte.» Die vernichtende Antwort Bentsens ging in die Geschichte ein: «Senator, ich habe mit Jack Kennedy gedient. Jack Kennedy war mein Freund. Senator – Sie sind kein Jack Kennedy.» Tosender Applaus des Publikums, Quayle blickt starr ins Leere. Er hat sich nie mehr davon erholt.

1992 Clinton gegen Bush gegen Perot

clinton_bush_perotDass Milliardär Ross Perot (86) 1992 als unabhängiger Kandidat mitreden durfte, verdankte er Bill Clinton (70) und George H. W. Bush (92). Beide hofften, dass Perot den anderen aus dem Konzept bringen würde – Clinton behielt recht. Bush, der amtierende Präsident, wirkte entrückt, gelangweilt. Schaute gar mehrmals auf seine Uhr, als er gerade nicht dran war. Die Debatten zementierten sein elitäres Image. Er wurde abgewählt.

2000 Bush gegen Gore

bush_goreAls Favorit ging Al Gore (68) vor 16 Jahren ins TV-Duell. Gegner George W. Bush (70) galt als ungebildet, unerfahren, rotzfrech – und gewann damit die Debatte. Gore dozierte wie ein Professor, Bush war der Kumpel. Bei Bushs Antworten rollte Gore bisweilen die Augen. Einmal stolzierte Gore zu Bush und baute sich vor ihm auf. Der lächelte und liess den Vizepräsidenten wie einen Rüpel aussehen.