Drei, die sich nicht verstehen

Vom Schicksal der Ukraine hängt die Zukunft der EU ab. Deshalb ringen die deutsche Kanzlerin und Frankreichs Präsident mit Wladimir Putin um eine rasche Lösung.

Von Peter Hossli

merkel_putinRegelrecht in den Kreml reingeplatzt waren am Freitag die deutsche Kanzlerin An­gela Merkel (60) und der französische Präsident François Hollande (60). Sie pochten auf ein Rendezvous mit Russlands Staatschef Wladimir Putin (62) – und gemahnten ihn in einem fünfstündigen Gespräch, den blutigen Konflikt in der Ostukraine zu stoppen.

Als «konstruktiven und substanziellen Meinungsaustausch» beschrieb Kanzlersprecher Steffen Seibert hernach die Verhandlungen. Ziele seien eine dauerhafte Feuerpause sowie der Abzug von schweren Waffen aus der Region.

Zuerst mussten die drei sprachliche Differenzen ausräumen. Zwar begrüsst die Kanzlerin Putin jeweils auf Russisch. Sie lernte es in ihrer Jugend in der DDR. Putin, einst Spion in der DDR, soll perfekt Deutsch sprechen.

Der Franzose Hollande hingegen hätte sich ausgeschlossen gefühlt. Deshalb steckten sich alle einen Kopfhörer ins Ohr und verliessen sich auf ihre eigenen Dolmetscher.

Für Merkel und die EU hat die Ukraine höchste Priorität. Keinesfalls soll sie Russland zufallen. Umso intensiver sei Merkels «Pendel-Diplomatie», so «Der Spiegel».

Kurz vor dem Besuch im Kreml war sie in Kiew und traf sich mit dem ukrainischen Präsidenten
Petro Poroschenko (49). Ihm bläute sie ein, mit Putin zu reden.

Nach der Moskauer Ménage-­à-trois flog Merkel nach München (D). An der Sicherheitskonferenz warb sie gestern für den europäischen Kurs der Diplomatie – und stellte sich quer zu US-Präsident Barack Obama (53). Der will die ukrainische Armee mit Waffen unterstützen. Merkel fürchtet eine Gewaltspirale. «Militärisch ist das nicht zu gewinnen, das ist die bittere Wahrheit.»

Die Kanzlerin gemahnte Obama zur Zurückhaltung – und verglich die russische Aggression in der Ukraine mit dem Bau der Mauer durch Deutschland. «Die Amerikaner sind nicht eingeschritten beim Mauerbau, aber am Ende haben wir gewonnen.»

Heute Nachmittag pendelt sie weiter nach Washington, um Obama die deutsche Position zur Ukraine persönlich darzulegen.