Von Peter Hossli
Vierzig Fälle reichen aus, damit ein amerikanischer Richter eine Strafanzeige wegen systematischen Betrugs annimmt. Die am Mittwoch in New York eingeklagten drei Berater der Zürcher Kantonalbank (ZKB) halfen 191 US-Kunden, amerikanische Steuergesetze zu umgehen. Aus US-Sicht ist klar: Die ZKB leistete Amerikanern Beihilfe zum Betrug. Was Staatsanwälte verfolgen müssten.
Die angeklagten Banker dürften künftig kaum noch in der Finanzbranche tätig sein. Dringlicher für die ZKB ist aber die Frage, was in den USA mit der Bank passiert. Zumal Parallelen zum Fall Wegelin Schlimmes erahnen lassen. Wenige Wochen nachdem letzten Januar drei Wegelin-Banker auf die Anklagebank kamen, wurde die Bank Wegelin selbst verklagt.
Beide Geldhäuser provozierten die Weltmacht, indem sie nach Juli 2008 im grossen Stil amerikanische UBS-Kunden übernahmen. SonntagsBlick weiss: Von der UBS vertriebene US-Kunden trugen 500 Millionen Franken zu Wegelin – und immerhin 350 Millionen zur ZKB. Obwohl damals am Paradeplatz allen klar war: Gelder von Amerikanern sind gefährlich.
Angeklagt ist die ZKB noch nicht. Sie steht aber auf der Liste jener 12 Schweizer Banken, die US-Ermittler ins Visier genommen haben. Die ZKB ist mit den amerikanischen Behörden im Gespräch.
Die Folgen einer US-Strafanzeige wären fatal, die ZKB sicher am Ende. Steht ein Finanzinstitut in Amerika so am Pranger, springen zuerst die Kunden ab, dann die Geschäftspartner, schliesslich jene Banken, über die es weltweit Transaktionen abwickelt. Der Handel mit Dollar wäre unmöglich, die Bank gelähmt. Die Zeche eines solchen Kollapses müssten die Zürcher mit Steuern bezahlen.
Dass die ZKB keine Filiale in den USA betreibt, hilft ihr wenig. Es ist trotzdem möglich, sie dort einzuklagen – wegen eines Gesetzes, das einst gegen Piraten gerichtet war. Um Schiffe vor Übergriffen auf hoher See zu schützen, verabschiedete das junge Amerika 1789 den «Alien Tort Claims Act». Das lange ungenutzte, 1980 reaktivierte Gesetz erlaubt es, alle Firmen und Personen für Vergehen im Ausland vor ein US-Gericht zu zerren.
Noch sitzt die ZKB nicht dort. «Es gibt keine klaren Hinweise, dass die USA die ZKB in nächster Zeit verklagen wird», entwarnt eine den Ermittlungen nahe stehende Person. «Bei Wegelin lagen Anfang Jahr solche vor.» Allerdings, so die Person: «Man weiss bei Amerikanern nie, was der nächste Schritt ist.» Allenfalls eine Klage gegen die Zürcher Bank.