Der scharfe Soldat von Mitt Romney

Der Kandidat fürs Amt des US-Vizepräsidenten wirbt bissig für weniger Staat und die Aufhebung von Obamacare.

Von Peter Hossli

ryanNun ist allen klar, warum Mitt Romney (65) Paul Ryan als Vizepräsidenten will. Der Kongressabgeordnete aus Wisconsin ist sein ideologisches Gewissen. Mit einer zornigen Rede am republikanischen Parteitag in Tampa forderte Ryan (42) eine Schuldenbremse und kanzelte die Leistungen von Präsident Barack Obama (51) ab.

Kurz nur stellte er seine hübsche Familie vor: die blonde Gattin Janna, drei herzige Kinder, die betagte Mutter, welche in Florida lebt.

Rasch kam Ryan zur Sache. «Seid gewarnt», drohte er den Demokraten. «Wir lassen uns nicht mehr auf das übliche linke Posieren ein, wir wollen eine echte Debatte, diese Debatte werden wir gewinnen.» Regelrecht drosch der Konservative mit dem kantigen Kinn auf Obama ein. «Er begann mit grossen Erwartungen und endet mit grossen Enttäuschungen.»

Damit suggeriert Ryan, was die Republikaner hoffen: dass der Präsident bald den Schlüssel zum Weissen Haus abgeben muss. «Obamas Amtszeit begann mit der Finanzkrise, sie endet mit der Jobkrise.» – «Sie begann mit der Immobilienkrise, für die er zwar nicht allein verantwortlich ist, die er aber nie beheben konnte.»

Wochenlang feilte Ryan an seiner Rede, berichtet die «New York Times». Er preist darin den Präsidenten – und dreht sprachlich raffiniert das Lob in harsche Kritik. «2008 bezeichnete Kandidat Obama die zehn Billionen Dollar Staatsschulden als unpatriotisch.» Was, sagt Ryan, «eine ernsthafte Aussage von einem war, der wie ein ernsthafter Reformer aussah». Aber Obama habe noch mehr Schulden gemacht. Ryans Fazit: «Ein Präsident, eine Amtszeit, fünf Billionen neue Schulden.»

familyWie gefährlich das sei, zeige Europa. Dort stünden etliche Schuldenstaaten nahe am Kollaps. Was lerne Obama ­daraus? «Bisher noch nichts.»

Hemmungslos verdrehte Ryan Fakten. So lastete er ­Obama die Schliessung einer Autofabrik an. Dabei schloss sie Vorgänger George W. Bush. Gerissen bot der Politiker einfache Lösungen mit einfachen Worten. «Wir müssen aufhören, Geld auszugeben, das wir nicht haben.» Sein Vorschlag: die Staatsquote um ein Fünftel zu senken, von 25 auf 20 Prozent – «oder noch tiefer».

Als unamerikanisch zersauste er Obamacare, das neue Krankenkassengesetz. Es sei ein Grund für die anhaltende Wirtschaftskrise. «Das sind 2000 Seiten Regeln, Auflagen, Steuern, Abgaben und Bussen, die nirgends Platz haben in einem freien Land.» Werde Romney Präsident, hebe er Obamacare auf.

Zuletzt mischte Ryan den Zorn noch mit etwas Humor. So betonte er die Unterschiede zwischen ihm und Romney. «Viele Songs, die Mitt auf seinem iPod hat, ertönen oft in Hotellifts.» Er hingegen höre AC/DC und Led Zeppelin.

Wie zuvor Ann Romney versuchte Ryan die Furcht vor Romneys Religion zu lindern. Der ist Mormone. «Mitt und ich besuchen verschiedene Kirchen», sagte Ryan. «Unser Glaube fusst auf gleichem moralischen Grund: In jedem Leben steckt Güte, jede Person hat Hoffnung.»

Leben, flüsterte er so den Fundamentalisten der Partei zu, beginne mit der Befruchtung – dürfe also nie abgetrieben werden.