Von Peter Hossli
Afghanistan ist ein mausarmes Land, eingezwängt zwischen Iran, China und Pakistan. Hirten treiben hier Schafe und Ziegen über karge Steppen. Bauern kultivieren Mohn und veredeln Opium zu Heroin. Schergen schmuggeln es nach Europa. Nur 13,6 Milliarden Franken erwirtschafteten die 28 Millionen Afghanen letztes Jahr. Im Vergleich dazu: Das Schweizer Bruttoinlandprodukt beträgt 524 Milliarden.
Nun steht dem Land eine blühende Zukunft bevor. Amerikanische Geologen haben unter afghanischem Boden riesige Rohstofflager entdeckt, berichtet die «New York Times». Sie schätzen deren Wert auf über eine Billion Franken. Das sind mehr als 1000 Milliarden. «Atemberaubende Möglichkeiten» biete der wertvolle Fund, zitiert die Zeitung den Kommandanten der US-Streitkräfte am Hindukusch, General David Petraeus. Das ewig zerrüttete Binnenland könnte zu einem der führenden Rohstofflieferanten werden.
Um Eisenerz und Kupfer handelt es sich bei den Schätzen, um Kobalt und Gold, sagen die Geologen. Hinzu kommen enorme Lithium-Vorkommen. Dieses leichteste aller Metalle dient in wiederaufladbaren Akkus als Leitmittel. Lithium-Batterien betreiben Milliarden von Handys und Laptops – und wohl schon bald Millionen von Elektroautos. Bereits jetzt übersteigt die Nachfrage nach Lithium das Angebot bei weitem.
Mit «Saudi-Arabien für Lithium» umschreibt deshalb das Pentagon die Zukunft Afghanistans in einem Strategiepapier.
Aufgrund russischer Karten fanden die US-Geologen die Mineralien. Ende 1979 marschierte die Sowjetunion in Afghanistan ein. Sie hoffte, dort Bodenschätze zu bergen. Biss sich aber die Zähne aus an von den USA finanzierten Widerstandskämpfern. Dann übernahmen die Taliban das Land. Sie gewährten Osama Bin Laden Gastrecht. Der saudiarabische Terrorfürst lancierte von Afghanistan aus die Attacken vom 11. September 2001 auf die USA. Seither führt Amerika in Afghanistan Krieg – und verkündet jetzt mit dem Mineralienfund für einmal gute Nachrichten.
Endlich Frieden erhoffen sich die US-Optimisten. Allerdings fehlt Afghanistan eine taugliche Bergbauindustrie. Die Rohstoffe sind im ganzen Land verteilt. Sie industriell zu heben, ist teuer und dauert zehn Jahre, schätzen US-Geologen. Stammen die dazu nötigen Investitionen aus dem Westen, werden die Taliban-Krieger zäher gegen Eindringlinge kämpfen. Was den ewigen Konflikt nur verlängert.