Sprungbrett fürs Top-Gehalt

Die Mitarbeiter von Präsident Georg. W. Bush packen derzeit die Koffer und verlassen das Weisse Haus. Konzerne stehen Schlange, um sie gegen Spitzenlöhne anzuheuern.

Von Peter Hossli

bush.jpgSeit Bill Clinton nicht mehr arbeitet, verdient er richtig gut. Für ein Gehalt von 200’000 Dollar jährlich reagierte er acht Jahre lang Amerika. Drei Wochen nach Ende der Amtszeit hielt Clinton eine Rede in einem Privatclub in Florida – für ein Honorar von 100’000 Dollar, bezahlt von der Investmentbank Morgan Stanley Dean Witter. Die unrühmliche Affäre mit Praktikantin Monica Lewinsky trübte die Karriere nicht. 111 Millionen Dollar verdiente Clinton seit er das Weisse Haus verlassen hat, geht aus der Steuerklärung hervor. Den Grossteil trugen Vorträge ein. Für seine Memoiren erhielt er den Rekordvorschuss von 15 Millionen.

Ist das Gier? Nicht aus amerikanischer Sicht. Clinton tut, was US-Beamte oft tun. Sie vergolden nach der Karriere im Weissen Haus den im Vergleich zu Europa unterbezahlten Staatsdienst. Wenn nächste Woche die Mitarbeiter von George W. Bush Kisten packen und das Weisse Haus verlassen, stehen Konzerne bereits Schlange, um sie gegen Spitzenlöhne anzuheuern. Die Firmen hoffen, einen direkten Draht zur Macht zu angeln. Als unermessliches Gut betrachten sie enge Kontakte zu Parlamentariern.

Längst nicht nur das Oval Office sondern auch deren Nebenzimmer bringen lukrative Posten. Rund 150’000 Dollar verdiente Robert Rubin als Bill Clintons Finanzminister. Nach nur vier Jahren im Amt wechselte er 1999 an die Wall Street. Er beriet das globale Finanzhaus Citigroup bis zu seinem Rücktritt letzte Woche. Etliche Türen in zahlreichen Ländern hat sein famoser Name geöffnet, wofür ihm die Bank 126 Millionen Dollar zahlte.

Ex-Finanzminister John Snow, der Vorgänger von Henry Paulson, wurde drei Monate nach dem Rückzug aus der Politik im Oktober 2006 Verwaltungsratspräsident bei Cerberus Capital. Für eine der weltweit grössten Private-Equity-Firmen zieht er seither Deals an Land. Massgeblich beteiligt war er am Kauf des Autokonzerns Chryslers. Sein geschätztes Einkommen: 20 Millionen Dollar jährlich.

Achtzehn Jahre lang lenkte Alan Greenspan die Geschicke der amerikanischen Notenbank. Zuletzt verdiente er 174’500 Dollar. Ein Gehalt, das er eine Woche nach seinem Abtritt im Januar 2006 mit einer einzigen Rede übertraf. 250’000 kriegte Greenspan – von der nun bankrotten Investmentbank Lehman Brothers.
Im Vergleich: Der Präsident der Schweizer Nationalbank, Jean-Pierre Roth, bezog letztes Jahr 624’000 Franken Lohn, mehr als dreimal so viel wie der amerikanische Amtskollege. Allerdings wird Roth nie acht Millionen Dollar geboten, um sein Leben in Buchform zu fassen. Diese Summe erhielt Greenspan für eine Autobiografie. Voll sind die Auftragsbücher der Beraterfirma Greenspan Associates.

Knapp verpasste Al Gore im Jahr 2000 das Präsidentenamt. Stattdessen wurde Clintons Vizepräsident ein steinreicher Mogul. Gore besitzt die Fernsehstation Current TV, sitzt im Verwaltungsrat von Apple und berät Google gegen Bezahlung. Bei der Risikokapitalfirma Kleiner Perkins Caufield & Byers mit Sitz Silicon Valley ist er Partner. Zudem präsidiert er eine Investmentfirma in London. Pro Rede kassiert er 200’000 Dollar. Seine Aktienoptionen von Google und Apple sollen nahezu 100 Millionen Dollar Wert sein. Immerhin: Er verschenkte 1,8 Millionen, die ihm der Friedensnobelpreis eintrug.

Diese Woche werden Senatoren Hillary Clinton befragen und sie als Aussenministerin bestätigen. Die einstige First Lady ist dann verantwortlich für 57000 Beamte und verdient 191’300 Dollar. Den knappen Lohn nimmt sie gern in Kauf. Niemand knüpft wertvollere Beziehungen als die Aussenministerin. Umworben ist Clintons Vorgängerin Condoleezza Rice. Madeleine Albright führt eine eigene Beraterfirma und Colin Powell ist der teuerste Redner nach Präsident Clinton. Die Schweizer Amtskollegin Micheline Calmy-Rey befehligt 3200 Leute und verdient 440’000 Franken. Ihr Ruhegehalt beträgt dereinst 220’000 Franken. Übersteigen ihre Nebeneinkünfte 440’000 Franken, kriegt sie das Geld nicht.

Von den ehemaligen Bush-Angestellten scheint die Pressesprecherin Dana Perino beste Chancen auf einen Topjob zu haben. Niemand ist bekannter als das mit 172’200 Dollar entlöhnte Sprachrohr des Präsidenten. Über acht Millionen Dollar jährlich verdient Clintons erster Sprecher George Stephanopoulos als Ansager beim Fernsehsender ABC. Ex-Sprecherin Dee Dee Meyers schrieb Episoden für die Politik-Seifenoper «The West Wing».

Bushs zweiter Pressesprecher Scott McClellan kassierte für ein mit Internas gespicktes Buch einen Vorschuss von nur 75’000 Dollar, aber Tantiemen von über zwei Millionen.

Ähnliches wäre für die besser bezahlten Schweizer Beamten undenkbar. Der Vizekanzler, Sprecher des Bundesrates, verdient zwischen 230’000 und 250’000 Franken im Jahr. Ein flottes Buch über die Innereien im Bundeshaus darf er nicht veröffentlicht. Wie alle Verantwortungsträger beim Bund untersteht er der Schweigepflicht.