Peinliche Patzer vor Amtsantritt

Die US-Demokraten sind zerstritten, bevor sie die Macht in Washington übernehmen. Das gefährdet Obamas Programm zur Rettung der Wirtschaft.

Von Peter Hossli

feinstein.jpgZornig rannte Dianne Feinstein letzte Woche aus ihrem Büro in Washington. Auf der Website der «New York Times» hatte die demokratische Senatorin aus Kalifornien gelesen, Barack Obama ernenne Leon Panetta zum Chef des Geheimdiensts CIA. «Mir hat keiner etwas gesagt», tadelte Feinstein per Pressemeldung. «Der CIA sollte von professionellen Spionen geführt werden.»

Das ist Leon Panetta nicht. Der einstige Stabschef von Ex-Präsident Bill Clinton brilliert als Verwalter. Von Nachrichtendiensten versteht er wenig. Dass Obama Feinstein übergangen hatte, gilt als Affront gegen die eigene Partei. Die Demokratin ist eine der einflussreichsten Senatorinnen der USA. Sie steht der Senatskommission vor, welche die US-Spionage überwacht.

Obama musste bei Feinstein Abbitte leisten. Sein Team hätte es versäumt, sie im Voraus zu informieren. Zähneknirschend nahm Feinstein die Entschuldigung an. Doch das ist nicht das einzige Versäumnis, das dem mit vielen Vorschusslorbeeren gestarteten Obama unlängst unterlaufen ist. So hatten es seine Berater verpasst, eine strafrechtliche Untersuchung gegen Bill Richardson zu bemerken. Unwissend bot ihm Obama das Amt des Handelsministers an. Nun musste Richardson den Posten ablehnen.

Auf Widerstand stösst auch Obamas Idee, den CNN-Fernseharzt Sanjay Gupta zum höchsten Mediziner Amerikas zu befördern. Gupta steht der Pharmaindustrie nahe. Die Hoffnung, Obama reformiere das Gesundheitswesen, hat sich bei vielen Wählern zerschlagen. Keine glückliche Figur machte Obama auch, als er zum Konflikt in Gaza befragt wurde. Ängstlich stammelte er wenige Sätze und versteckte sich hinter der Floskel, noch sei er ja nicht der Präsident.

Eine weitere Panne: Vom zwielichtigen Gouverneur von Illinois, Rod Blagojevich, liess sich Barack Obama an der Nase herumführen. Dem wird vorgeworfen, er wollte Obamas frei gewordenen Senatssitz verkaufen. Eine Ernennung Blagojevichs für den Senat dürfe daher nicht akzeptiert werden, sagte Obama vor kurzem. Statt ein Amtsenthebungsverfahren abzuwarten, schickte der listige Gouverneur den Schwarzen Ronald Burris in den Senat. Der Trick zwingt die Demokraten, einem schwarzen Politiker den Senatssitz zu verwehren, was politisch heikel ist.

Tritt Obama am 20. Januar das Präsidentenamt an, trifft er folglich auf zerstrittene demokratische Parla-mentarier. Dabei wäre Geschlossenheit im Kongress nötig. Die Wirtschaft ist in mieserer Verfassung als be-fürchtet. Um 2,2 Prozent dürfte das Bruttosozialprodukt dieses Jahr schrumpfen. Mit 7,2 Prozent ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.

Statt geeint griffige Lösungen anzubieten, zanken die Demokraten. Angesehene Senatoren beanstanden den Plan, mit dem Obama die Wirtschaft ankurbeln will. «Wir müssen so rasch wie möglich handeln», verlangt Obama. «Sonst krallt sich die Rezession jahrelang fest.» Wie einst Franklin D. Roosevelt will er in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft viel bewegen, um ein wirtschaftliches Chaos abzuwenden. Knapp 800 Milliarden Dollar gedenkt er rasch auszugeben, um die Wirtschaft zu beflügeln. 1000 Dollar soll jede Familie erhalten. Pro Job, den eine Firma schafft, möchte er Steuern um 3000 Dollar erlassen.

Vielen Demokraten gefällt das nicht: Wirkungslos seien die 1000-Dollar-Checks, sagt Senator Kent Conrad aus Oregon. Wegen der Steuern werde keine Firma Personal einstellen, meckert Senator John Kerry. Obama breche ein Wahlversprechen, sagt Mehrheitsführerin Nancy Pelosi. Amüsiert schauen derweil die Republikaner zu, wie sich die Demokraten zermürben.