Von Peter Hossli
Zügig stellt Barack Obama in Chicago sein neues Kabinett zusammen. Nach Treffen mit Kandidaten schaut er jeweils kurz zu Rahm Emanuel. «Was meinst du?», fragt der künftige US-Präsident seinen Stabschef. 2000 Meilen westlich in Los Angeles feilscht Ari Emanuel mit Fernsehanstalten aus aller Welt. Der Agent vertritt ein Produkt, das jeder will: Einen Dokumentarfilm, der Obamas Wahlkampf aus nächster Nähe beleuchtet. Währenddessen diskutiert in Washington der Direktor für Bioethik am nationalen Gesundheitsinstitut mit Kollegen die Gesundheitsreform. Er heisst Ezekiel Emanuel.
Der Tag ist typisch für die Emanuels. Die drei Brüder ziehen in Amerikas Machtzentren die Fäden. Selbstsicher kontrollieren sie die mächtige Achse zwischen Washington und Hollywood. Rahm, Ari und Ezekiel Emanuel sind allesamt Superstars in hart umkämpften Berufsfeldern. Krebsarzt Ezekiel ist mit 51 der älteste und gilt als der «gescheite Bruder». Rahm (49), wird der «Herzige» genannt. Ari (47) ist der jüngste und rotzigste. Allen Brüdern eilt der Ruf voraus, ungeduldig, anstrengend und sehr erfolgreich zu sein. «Die drei verstehen und geniessen die Macht», sagt TV-Talker Charlie Rose in seiner Show.
Ihr Vater Benjamin Emanuel zog von Israel nach Chicago. Zu selbstständigen Denkern trimmte er seine Söhne. «Wir konnten tun, was wir wollten», beschreibt Rahm in einem TV-Interview die Sommerferien. «Das zwang uns, die Zeit ideenreich zu füllen.» Es schärfte die Kreativität ebenso wie die Rivalität unter den Brüdern. Ständig stritten sie sich. Der Kabbelei und dem Einwandererstatus schreibt Rahm den Erfolg zu. «Kinder von Immigranten fühlen sich privilegiert, in Amerika zu sein», sagt er. «Sie wollen so viel wie möglich erreichen.» Wie die Emanuels.
Rahm gehörte zum engsten Kreis von Bill Clinton, als der 1992 Präsident wurde. Später scheffelte er Millionen als Investmentbanker, liess sich zum Repräsentanten von Illinois wählen und verhalf den Demokraten 2006 zur Mehrheit im Kongress. Als Stabschef von Obama ist er nun der mächtigste Mann an der Seite des Präsidenten. Hollywood-Agent Ari Emanuel vertritt Stars wie Martin Scorsese, Matt Damon, Michael Moore und «Borat»-Mime Sasha Baron Cohen. Spricht er, hört Hollywood zu. Als Mel Gibson betrunken antisemitische Tiraden lostrat, rief Ari zum Boykott von Gibson auf. Jäh knickte dessen Karriere ein.
Rahm tobt in Washington. «Mach keinen Scheiss», schnauzte er einst den britischen Premier Tony Blair an. Einem unliebsamen Geschäftspartner schickte er einen toten Fisch. Zuweilen streckt er Widersachern den rechten Mittelfinger ins Gesicht, was furchterregend wirkt, da eine Brotschneidemaschine den Finger vor Jahren halbierte. «Legen wir bei jedem Fluch Rahms 25 Cents in eine Büchse, ist die Finanzkrise überwun-den», witzelt Nancy Pelosi, Chefin der Demokraten im US-Kongress.
Längst verewigt sind die Emanuels in der Populärkultur. Rahm diente Produzent Aaron Sorkin als Inspiration für den hyperaktiven Präsidentenberater der TV-Serie «The West Wing» über den Alltag im Weissen Haus. Ari – Sorkins Agent – inspirierte die Figur des streitsüchtigen Agenten der Serie «Entourage» über das Leben in Hollywood.
Gemein ist den Brüdern der Dienst an der Gesellschaft. Rahm mag Politik, weil er Menschen helfen kann. Vehement kämpft Ezekiel für gerechtere Medizin. Aris Klienten sind Stars, die sich für die Umwelt und soziale Anliegen einsetzen. Brauchte Obamas Wahlkampfzentrale einen Star, half Ari.
Das Familienband ist eng: Täglich telefonieren die Brüder miteinander. Hat einer Erfolg, feiern die anderen mit. Die Gattinnen der Brüder hätten nicht nur einen Emanuel geehelicht, witzelte Rahm einst. «Sie müssen sich auch mit den beiden anderen Trotteln abgeben.»
Obamas Figaro geht nach Washington
Seit 14 Jahren lässt sich Barack Obama das Haar vom selben Barbier in Chicago stutzen. Letzten Dienstag rief der neue Präsident den 44-jährigen Coiffeur Zariff in die Wohnung eines Freundes. Der Grund für den Ortswechsel: Der Geheimdienst hatte den Friseursalon als zu gefährlich beurteilt. Zariff, so die «New York Times», schnitt nun im Beisein von Leibwächtern Obamas Haare. Wie üblich bekam er dafür 21 Dollar. Den Umzug seines berühmtesten Kunden nach Washington will der Figaro geschäftlich nutzen. Er will in Washington einen Herrensalon eröffnen.