Amerika darf nicht überreagieren

Die Nachricht: Die US-Regierung bewahrt die Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac vor dem Kollaps. Die Hypotheken- und Bausparbank Indy Mac geht unter. Nun ertönt auch in den USA der Ruf nach mehr Regulierung.

Der Kommentar: Worte sind mächtiger als Schwerter. Vor zwei Wochen zweifelte der US-Senator Charles Schumer in einem Brief die Vitalität der US-Bank Indy Mac an. Es folgte ein Ban-kensturm. Anleger zogen täglich 100 Millionen Dollar ab. Am Freitag war die Kasse leer, und die grösste US-Bankenpleite seit 24 Jahren war perfekt. Die Regierung übernahm die Kontrolle. Gleichentags gab die Notenbank bekannt, sie werde Fannie Mae und Freddie Mac retten. Sie halten die Hälfte der privaten Hypotheken in den USA im Wert von 5,2 Billionen Dollar.

Demnach könnte bald jedes zweite amerikanische Eigenheim der Regierung gehören. Bereits im März hatte das Fed das Finanzhaus Bear Stearns vor der Pleite gerettet. Nun stellt Notenbankchef Ben Bernanke weitere Finanzspritzen für wacklige Banken in Aussicht. Mit wenig Wirkung. Der Dow Jones Index ist fast 25 Prozent vom Höchststand entfernt. Hausenteignungen nehmen weiter zu. Amerika fühlt sich ärmer. 70 Prozent der privaten Vermögen liegen in Häusern.

Verständlich daher der Ruf nach staatlichen Rettungsaktionen. Deregulierung wird zum Wahlkampfthema. Populisten machen sie verantwortlich für den Kollaps der Häuserpreise, teure Nahrungsmittel und Benzin. Selbst Fluggesellschaften verlangen die Verstaatlichung der Energiebranche. Das birgt Gefahren. Reguliert Amerika, reguliert es resolut. Zumal die Anhänger von Barack Obama generell mehr staat- liche Kontrolle fordern. Vergessen geht in dieser Hysterie, dass Deregulierung weltweit mehr Wohlstand und tiefere Preise brachte. Wenn die USA nun überreagieren, verursachen sie manchenorts mehr Inflation und weniger Wachstum.

Nötig wäre ein Mittelweg, um Panik an den Finanzmärkten zu mindern. Als «Jammerer» scholt diese Woche Phil Gramm jene, die von einer Krise reden. Ausgerechnet Gramm . Er ist der Reklameheld der Finanzkrise. Als texanischer Senator brachte er 1999 den Financial Services Modernization Act durch den Kongress. Das Gesetz ermöglichte es der UBS, Paine Webber zu kaufen. UBS bedankte sich bei Gramm mit einem hoch dotierten Job als Lobbyist. Er hat nichts zu jammern.

Peter Hossli