Hillary Clinton, sagen US-Wahlforscher, wird am Dienstag die Vorwahlen in Pennsylvania gewinnen. Auch in Indiana, wo am 6. Mai abgestimmt wird, liegt sie vorne. Trotzdem ist es rechnerisch für Clinton kaum mehr möglich, den Vorsprung ihres Konkurrenten Barack Obama einzuholen. Weil auch der Senator aus Illinois keine absolute Mehrheit bei den Delegiertenstimmen erhalten wird, müssen wie zuletzt 1984 die so genannten Super-Delegierten das demokratische Patt brechen. Den Gouverneuren, prominenten Parteimitgliedern und Amtsträgern im Kongress steht frei, wem sie ihre Stimme geben.
Die Super-Delegierten haben vor allem die Frage zu beantworten, wer am Wahltag im November eher gegen den republikanischen Kandidaten John McCain bestehen kann. Zweitrangig sind dabei die nationalen Umfragen. Vorteile hat, wer in den Swing States gewinnen kann, Staaten wie Florida und Ohio, die mal demokratisch, mal republikanisch wählen.
Hillary Clinton hat in diesen Staaten einen klaren Vorsprung. Sie könnte John McCain schlagen. Nicht so Barack Obama, insbesondere nach seinen herablassenden Worten über das arme, waffennärrische und religiöse Amerika. Die Demokraten stecken in der Zwickmühle: Setzt sich Clinton bei den Super-Delegierten durch, würden sich dadurch zwar die Siegeschancen der Partei erhöhen – aber gleichzeitig würde der Wählerwille missachtet.
Verzweifelt sucht die einst siegessichere Partei nun einen Königsmacher, der über allen steht und das Hickhack mit einem Kniff bereinigt. «Die Demokraten sind innerlich zu zerstritten, um sich auf jemanden zu einigen», sagt Politanalyst Rick Hasen von der Loyola Law School. Höchstens auf den ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore würden sie hören. «Aber Gore weigert sich, den Part zu übernehmen.» Obwohl ihm die Rolle des Königsmachers mehrmals angeboten wurde, hat er sie stets abgelehnt.
Nicht ganz ohne Eigennutz: Al Gore ist seit seinem Nobelpreis und der Kampagne für Klimaschutz ein globaler Superstar, der die Niederungen der Politik meidet. Stand er einst im Schatten von Bill und Hillary Clinton, hat er sie nun an Ansehen überholt. Mandate in den Verwaltungsräten bei Konzernen wie Google oder Apple sowie Vortragshonorare bescheren ihm ein höheres Einkommen als das Präsidentenamt.
Greift Gore jetzt in den Wahlkampf ein, könnte er seine schwindenden, aber nie ganz abgeschriebenen Ambitionen auf das höchste Amt im Staat aufgeben. Bevorzugt er einen Kandidaten, trübt er seinen Ruf. Bleibt er hingegen neutral, wäre er im Falle eines Sieges von John McCain sofort demokratischer Favorit für die nächste Wahl 2012.
Andere Strippenzieher der Demokraten haben sich schon früh festgelegt – auf Obama. Drei Mogule entscheiden an der Westküste, wer auf Geld und Beziehungen in Hollywood zählen kann: die Produzenten David Geffen, Jeffrey Katzenberg und Regisseur Steven Spielberg. Jahrelang waren sie mit den Clintons befreundet. Seit sie sich Obama zugewandt haben, ist das Klima zwischen ihnen und den Clintons frostig. Auch Financier George Soros unterstützt den schwarzen Senator. Als vorerst Letzter wechselte am Freitag der langjährige Clinton-Vertraute Robert Reich ins Obama-Lager.
Zwei Altstars der Demokraten drängen nun auf einen raschen Entscheid: George McGovern, 1972 Präsidentschaftskandidat, und Michael Dukakis, 1988 Kandidat, forderten, dass sich alle Super-Delegierten nach dem 3. Juni, am Tag der letzten Vorwahl, öffentlich festlegen müssten. Die beiden wissen: Zieht sich die Schlammschlacht über den Sommer hinweg, droht den Demokraten im Herbst ein Debakel.
Prompt unterstützten die Mehrheitsführer im Kongress, Senator Harry Reid und Repräsentantin Nancy Pelosi, die Initiative von Dukakis und McGovern. «Anfang Juni werden sich die Super-Delegierten entscheiden», sagte Pelosi. Wohl zum Vorteil Obamas. «Passiert nichts Unvorhergesehenes, erhält er den Zuschlag», sagt auch Politanalyst Rick Hasen. «Er hat am meisten Stimmen gekriegt, es ist demokratisch nicht vertretbar, das zu ignorieren.» Danach, sagt er, würde die Parteileitung «Hillary Clinton höflich bitten, auszusteigen».