Wahre Strippenzieher der Macht

Zwei Dutzend Amerikaner wollen 2008 ins Weisse Haus. Bis dahin ist es noch weit, doch das Feilschen um die Königsmacher hat begonnen. Wer die Wahl gewinnen will, muss dem exklusiven Club der Strippenzieher gefallen.

Von Peter Hossli

Denkwürdig war das Zitat, perfekt das Timing, zeitgemäss das Medium. «I’m in to win», ich bin dabei um zu gewinnen, sagte Hillary Clinton letzten Samstag per Videoclip auf ihrer Website. Just redete die Nation ein Wochenende lang über die Chancen der einstigen First Lady.

Fazit: Clinton, 59, ist die aussichtsreichste, aber nicht die einzige, die für das höchste Amt im Staat kandidiert. Je ein Dutzend Demokraten und Republikaner bewerben sich um die Präsidentschaft. Orakeln die Leitartikler noch, ob das Land bereit sei für eine Frau (Clinton), einen Schwarzen (Barack Obama) oder einen Latino (Bill Richardson), umgarnen die Kandidaten innigst die Königsmacher. Sie müssen jene von sich überzeugen, die astronomische Summen zusammen tragen können.

Eine halbe Milliarde Dollar werden beide Kandidaten ausgeben, die am Schluss gegeneinander antreten. Gegen hundert Millionen spendieren selbst die Aussichtslosen. Geld, das nur bestens Vernetzte auftreiben werden. Da jeder Amerikaner pro Kandidat bloss 2100 Dollar schenken darf, müssen sie Tausende von Spendern inspirieren.
Das geschieht von drei Machtzentren aus – von der Wall Street und Hollywood an den Küsten, sowie im Bibelgürtel im Landesinnern. Hinzu kommt Miami, wo die Latinos an Einfluss gewinnen.

Als demokratischer Königsmacher an der Wall Street agiert der Financier und Philanthrop George Soros, der sein Vermögen mit Währungsspekulation und Hedge Funds verdient hat. «Mister Soros unterstützt derzeit einen Kandidat», sagt sein Sprecher Michael Vachon, «und das ist Barack Obama.» Er hätte ihm bereits 2100 Dollar überwiesen. Weit wichtiger als die bescheidene Gabe ist für Obama, 45, das dichte Geflecht an Geldgebern, das Soros mitbringt. Als Financier des Online-Netzwerks MoveOn.org beschert er dem Senator von Illinois überdies die progressive Basis der Partei. Unterstützt Soros auch Clinton? «No», sagt Vachon.

Für die Senatorin von New York zieht ein in der Öffentlichkeit wenig bekannter Banker die Strippen in der Hochfinanz. Roger Altman, einst Partner bei Lehman Brothers und Gründer der Investmentbank Evercore Partners, wickelte unlängst die 90-Milliarden-Dollar-Fusion zwischen AT&T und BellSouth ab. Nun begeistert er Wohlhabende Banker für Hillary.

Eher unangenehm ist die Lage für Vernon Jordan, ein New Yorker Anwalt und wohl wichtigster demokratischer Königsmacher. Als enger Freund dürfte Jordan den Clintons loyal bleiben, als schwarzer Bürgerrechtler will er Obama nicht stoppen.

An der Westküste entscheiden drei Moguln, wer im demokratisch gesinnten Hollywood auf Geld und Beziehungen zählen kann – die beiden Produzenten David Geffen und Jeffrey Katzenberg sowie der Regisseur Steven Spielberg. Seit Jahren sind die drei Gründer des Hollywood-Studios DreamWorks eng befreundet mit Bill und Hillary Clinton. Nun wollen sie das Weisse Haus wieder demokratisch machen. Geffen hat sich bereits für Obama ausgesprochen. Die anderen warten ab. Klar ist: Wen Spielberg kürt, hat vorzügliche Chance auf die Nomination der Demokraten.

Auf Seiten der Republikaner machen Steuersenker und Evangelikale die Präsidenten. So legen politische Kandidaten bei Grover Norquist, 50, einen öffentlichen Schwur ab, nie Steuern anzuheben. Wer ihn bricht, fällt beim Präsident von Americans for Tax Reform in Ungnade. 1992 etwa entzog Norquist George H. Bush die Unterstützung; prompt verlor Bush. 1998 interviewte er dessen Sohn, George W. Bush. «Als ich sagte, Bush Junior setze sich für niedrige Steuern ein, sahen das die konservativen Kreise als Gütesiegel», sagt Norquist. Bush hatte die Partei im Sack. Von den aussichtsreichen Republikanern haben bisher Mitt Romney, Newt Gingrich und Sam Brownback den Schwur abgelegt. «Kandidaten, die nicht schwören, erhalten meine Unterstützung nicht», droht Norquist. Er weiss, er hat Macht.

Brownback, ein zutiefst religiöser Senator aus Kansas, hat zudem Chancen auf den Segen der Evangelikalen. Er ist der einzige republikanische Kandidat, der dem Ansinnen von James Dobson genügt. Wen der Präsident der christlichen Organisation Focus on the Family auserwählt, erhält Stimmen und Geld der Christen – die haben die beiden letzten Wahlen entschieden. Die Krux der Republikaner: Ihre Favoriten – Rudolph Giuliani und John McCain – passen den Königsmachern nicht.