Von Peter Hossli
Ja, er bereite seit einiger Zeit eine Sammelklage gegen die UBS vor, sagt Anwalt Michael Hausfeld. Klienten aus Südafrika hätten ihn diesbezüglich kontaktiert. Der Starjurist aus Washington prüft, wie er die Schweizer Banken wegen deren Geschäfte mit dem Apartheidregime vor ein amerikanisches Gericht bringen kann. «Noch ist nicht entschieden, ob und wann wir eine Klage einreichen», betont Hausfeld.
Entschlossener tönt Kollege Ed Fagan. «Bis Ende Jahr reiche ich in New York eine Klage gegen alle in Südafrika beteiligten europäischen Banken ein», sagt der ehemalige Anwalt von Wachmann Christoph Meili. Das Gericht werde sich auf die Schweizer Banken konzentrieren, mutmasst Fagan: «Das ist ja populär.» Seit neun Monaten arbeite er an der Sache. Er vertritt Organisationen sowie Einzelpersonen. Genau beziffern will er die Klagesumme nicht. «Mehrere zehn Milliarden Dollar» werde er fordern.
Juristisch bestehen keinerlei Probleme. Südafrikanische Kläger können in New York eine Sammelklage gegen eine Schweizer Bank einreichen – solange die beklagte Firma in den USA geschäftet.
Es geht um unmoralische Geschäfte. Der Apartheid wegen verhängten Mitte der Achtzigerjahre etliche Staaten – darunter auch die USA – Boykotte gegen das rassis-tische Regime Südafrikas. Dessen ungeachtet pflegte die neutrale Schweiz weiterhin politische sowie militärische Kontakte und überliess es dem Gutdünken der Wirtschaftsführer, in Südafrika zu geschäften oder auf Distanz zu gehen.
Vor allem die damalige SBG profitierte. Weil kaum jemand mehr Kredite gewährte, verlangte das helvetische Geldhaus vom bankrotten Land Wucherzinsen. Gemäss der profilierten Südafrika-Kennerin Mascha Madörin sollen die Bankgesellen Südafrika sogar höhere Kapitalkosten veranschlagt haben als dem zairischen Diktator Mobutu Sese Seko. «Die haben mächtig von den Boykotten profitiert», so Madörin.
Seit Jahren kritisieren verschiedene Organisationen das zwielichtige Gebaren der Schweizer Banken in Südafrika. Der jetzige Skandal um Ex-Spion Peter Regli verstärkt das Interesse.
An vorderster Front kämpft Jubilee South Africa seit 1998 für Reparationen sowie einen radikalen Schuldenerlass. Diese Koalition besteht aus kirchlichen Gruppen, Gewerkschaften und nicht staatlichen Organisationen. «Es geht uns in erster Linie darum, die vollständige Wahrheit zu erfahren», sagt Jubilee-Sprecher Neville Gabriel. Politischer Druck habe in der Schweiz zwar dazu geführt, gewisse Dinge aufzuklären. «Geht der Prozess aber nicht weit genug, behalten wir uns juristische Schritte vor.» Eine der Möglichkeiten seien Klagen in den USA. Ed Fagan berät Jubilee. Gabriel betont aber: «Noch haben wir uns weder auf einen Anwalt festgelegt noch entschieden, ob wir klagen.»
Das Geld der Schweizer Banken habe das Unrechtsregime gestützt
Gerüchte, wonach Hausfeld und Fagan in der Sache zusammenspannen, stimmen nicht. «Solange ich atme, werde ich nicht mit Fagan kooperieren», sagt Hausfeld. In Rechtskreisen ist Fagan umstritten. Hausfeld hingegen gilt als Star. Das «National Law Journal» bezeichnet ihn als einen der hundert einflussreichsten Anwälte der USA.
Das von den Schweizer Banken geliehene Geld, so die südafrikanische Organisation Jubilee, sei dazu verwendet worden, das Volk Südafrikas zu unterdrücken – im Wissen der Geldinstitute. Firmen, die sich nicht den Sanktionen angeschlossen hatten, hätten von der Apartheid profitiert und geholfen, das brutale Regime länger an der Macht zu halten. Dadurch sei das Leid der Südafrikaner verstärkt worden. «Es sind faule Gewinne», schreibt Jubilee. Die von europäischen Banken gesprochenen und gemäss Fagan auf 40 Milliarden Dollar angehäuften Schulden müssten demnach erlassen werden.
Reparationen allein könnten den entstandenen Schaden nicht begleichen, sagt Sprecher Gabriel. «Genugtuungszahlungen sind symbolisch. Sie machen Ungerechtigkeiten nicht zu Gerechtigkeiten.» Wichtiger als Geld seien ein Eingeständnis der Schuld sowie die komplette Offenlegung der Fakten: «Wir wollen verstehen, was passiert ist.»
Die UBS blockt ab. «Wir beobachten die Situation sorgfältig», sagt Sprecher Christoph Meier. «Die jetzigen Drohungen behandeln wir mit kühlem Kopf.» Die Verantwortung schiebt die Bank gelassen den Behörden zu. «Das Geschäftsgebaren der Bankgesellschaft bewegte sich im Rahmen der schweizerischen Aussenpolitik», so Meier. «Es gibt für uns keinerlei Anlass, eine Entschuldigung auszusprechen.» Man habe gemäss der Boykottpolitik des Bundes gehandelt. Die war halt neutral.
Eine Aussage, die in den USA ein Déjà-vu-Erlebnis hervorrufen dürfte. Seit der Holocaust-Debatte gilt die Schweiz als Rafferland, in dem Wirtschaft und Politik gemeinsam aus Unrechtssituationen Gewinn schlagen. Die UBS droht die Fehler zu wiederholen: Sie tut nichts – bis das Land am Pranger steht. «Was im südlichen Afrika geschah, ist der grösste Skandal der schweizerischen Aussenpolitik der Nachkriegszeit», sagt Ökonomin Madörin. Die Kooperation mit dem Apartheidsystem habe den globalen Aufstieg der SBG begünstigt.
Nicht Stellung nehmen konnte der damalige SBG-Chef Niklaus Senn. Er befindet sich in seinem Ferienhaus in Florida. Sein Telefon war stets besetzt.