Wie krank ist Apple-Gründer Steve Jobs?

Müde und mager wirkt der Mann, der die digitale Welt revolutionierte. Ob die blendende Karriere von Steve Jobs weitergeht, hängt von seinem Magen ab.

Von Peter Hossli

sjobs.jpgSchneller als das alte iPhone findet das neue ins Internet. Es ist günstiger und jetzt auch ausserhalb der USA legal erhältlich. Das sagte Apple-Chef Steve Jobs im Juni in San Francisco. Doch das wundersame Gerät geriet rasch zur Nebensache. Jobs, ansonsten ein famoser Redner, wirkte matt. Backenknochen zeichneten das einst runde Gesicht. Schlaff hing der Rollkragenpullover von den Schultern. Er war beängstigend dünn geworden. Eine «normale Viruserkrankung» plage den Konzernchef, beruhigte Apple.

Auf Apple-Fansites jagten sich die Gerüchte. War der Krebs zurückgekehrt, der Jobs 2004 befallen hatte? Zwanzig Milliarden Dollar werde Apple an Wert verlieren, sollte er abtreten, warnten Analysten.

Etwas Klarheit schuf das Magazin «Fortune». Um einen Bauchspeicheldrüsenkrebs auszumerzen, hätte er sich vor vier Jahren die Gallenblase, den Zwölffingerdarm, die Drüse selbst sowie Teile des Magens entfernen lassen. Wer das überlebe, verliere nicht nur Gewicht – «er ist nie mehr der gleich Mensch», schrieb «Fortune».

Die Gesundheit von Steve Jobs sei «Privatsache», sagte letzten Montag Apples Finanzchef Peter Oppenheimer. Das versetzte die Anleger in Panik. Um zehn Prozent sank die Apple-Aktie. Mit Jobs’ Zustand erklärten Blogger peinliche Pannen beim Start des neuen iPhones. «Ein gesunder Steve hätte das nie zugelassen», schrieb einer. «Jobs ist gesund und krebsfrei», zitierte die «New York Times» am Mittwoch anonyme Quellen. Er hätte sich aber erneut operieren lassen. Seither magere er und sei oft kraftlos.

Eine trübe Aussicht für Apple. Jobs ist Apple. «Es gibt keinen Chef, der eine Firma und deren Produkte mehr prägt», sagt Analyst Gene Munster von der Investmentbank Piper Jaffray. Revolutioniert hat Jobs die digitale Welt in den letzten dreissig Jahren. Längst nicht nur Wirtschafts- und Technologiereporter hören zu, wenn er auf ein Podium tritt. Die Welt schaut hin. «Jobs ist einer der wenigen US-Geschäftsleute, die tatsächlich über eine grossartige Vision verfügen», schreibt Alan Deutschman, sein Biograf.

Die hat er bereits in den achtziger Jahren gefunden: «Ich will die Welt verändern.» Soft- und Hardware sollen harmonieren, Menschen digitale Texte, Musik und Bilder spielend bearbeiten und konsumieren können. Mit dem Apple II brachte er 1977 den ersten Personal Computer für alle auf dem Mark. Der Macintosh, 1984 lanciert, war der «erste Rechner mit Persönlichkeit», so eine Kuratorin des Museum of Modern Art. Ein Computer, der beim Aufstarten lachte, der Zeit voraus und viel zu teuer war. Wenige wollten ihn.

Jobs musste Apple verlassen. Zwölf Jahre lang suchte er nach Gründen für den Flop des Macs. Nebenbei kaufte er ein obskures Trickfilmstudio namens Pixar. Es brachte 1995 mit «Toy Story» einen kolossalen Hit ins Kino, was den Weg zum Börsengang ebnete. Jobs wurde Milliardär.

Apple wollte ihn wieder. Für einen Dollar Jahreslohn übernahm er 1997 den Chefposten und baute die damals marode Computerfirma in einen Konzern für Unterhaltungselektronik um. Das gelang ihm mit einem bunten iMac. Mit dem 2001 lancierten iPod rettete er zugleich Apple und die Musikindustrie. Als eine Art Übermensch wird Jobs seither gefeiert.

Dabei verfährt er stets nach demselben, einfachen Prinzip: Er nimmt die Ideen anderer, veredelt und lanciert sie zum richtigen Zeitpunkt. Das Mac-Betriebsystem guckte er bei Xerox ab. Der iPod war nicht der erste, sondern der erste gute digitale Musikplayer. Lange vor dem iPhone gab es smarte Mobiltelefone. Doch bei keinem passte Apples Dreifaltigkeit aus betörendem Design, überlegener Technik und vifem Marketing perfekt zusammen.

Heute mischt der 53-jährige Jobs in Hollywood wie im Silicon Valley mit. Der Musik- wie der Filmindustrie diktiert er Preise für digitale Versionen ihrer Produkte. Er verkauft Pixar an Disney und ist nun grösster Aktionär der Mickey-Mouse-Firma. Apple glänzt. Jobs hat mit 5,4 Milliarden Dollar Privatvermögen ausgesorgt. Mit dem iPhone führt er weltweit die Telekomfirmen vor.

Wie lange noch, bestimmt sein Magen. Jobs werde Apple weiterhin führen, sagt Finanzchef Oppenheimer. Seine Nachfolge, zwar noch geheim, ist aber geregelt.