Von Peter Hossli
Stumm und stolz lauscht der Weltmeister der Nationalhymne. «… seh ich dich im Strahlenmeer …», singt der Chor. Andächtig beobachtet Beat Feuz (30) drei Flaggen, die zum Nachthimmel schweben: eine österreichische für den Dritten, eine kanadische für den Zweiten, für Feuz in der Mitte die schweizerische.
Was Abfahrer Feuz wie auch das Publikum in St. Moritz wohl nicht ahnen: Eine echte Schweizer Flagge war nicht dabei.
Keine Schweizerfahne
Seit dem 1. Januar 2017 gilt nur noch als Schweizerfahne, was ein weisses Kreuz auf einem quadratischen roten Tuch zeigt. In St. Moritz flatterten rechteckige Fahnen. «Was an der WM in St. Moritz hochgezogen wurde, ist gemäss neuem Wappenschutzgesetz keine Schweizer Flagge», sagt Alexander Pfister vom Rechtsdienst des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE).
Erstmals überhaupt ist im Wappenschutzgesetz das Format der Flagge unseres Landes festgeschrieben: «Die Schweizerfahne zeigt ein Schweizerkreuz in einem quadratischen Feld.» Einzig das Seeschifffahrtsgesetz sieht eine rechteckige Schweizer Flagge vor: für Schweizer Schiffe, die auf hoher See verkehren.
Das neue Wappenschutzgesetz war den Organisatoren der Ski-WM «nicht bekannt», gesteht Sponsoring-Chef Andri Schmellentin.
Ein Quadrat sähe mickrig aus
Sie hätten aber abgeklärt, ob bei den Siegerehrungen für Schweizer Medaillengewinner quadratische oder rechteckige Flaggen hochgezogen werden sollen. «Bei anderen Sportanlässen sind alle Flaggen rechteckig, daher bestellten wir rechteckige Schweizer Flaggen.»
Zudem ging es um Schönheit und Grandezza. Schmellentin: «Bei der Siegerehrung hätte eine quadratische Flagge nur bei Gold gut ausgesehen. Flattert ein Quadrat nicht in der Mitte, sähe sie mickrig aus.»