America, yeah! Ab sofort!

Weniger festlich als sonst, weniger gut besucht, fast ausschliesslich weisse Gäste, aggressiver auf den Rängen – und ein neuer Präsident, der Amerika an erste Stelle setzt.

Von Peter Hossli (Text) und Stefan Falke (Fotos)

Frenetischer Jubel ertönt auf der Mall von Washington D.C. «Yeah! Trump! Go! America!» Die Menge johlt. Eben ist Donald Trump (70) als 45. Präsident der USA vereidigt worden. Menschen liegen sich in den Armen. Küssen sich. Stossen urtümliche Schreie aus.

Dann tritt Trump ans Podium. Viele zücken das Handy, filmen, fotografieren. Trump wirkt erst überwältigt, dann gefasst. Es beginnt zu regnen, als er spricht.

Trump stört es nicht. Er spricht angriffig und selbstsicher. Als sei noch immer Wahlkampf. Siegen werde Amerika wieder, verspricht er. Stolz und stark sei das Land. Und zwar ab sofort.

Neue Brücken werde er bauen, Strassen legen, Flughäfen renovieren. Wer zu den Verlierern gehört, werde jetzt ein Sieger. Zwei Prinzipien würden reichen, um alle am amerikanischen Traum teilhaben zu lassen: «Wir kaufen bei Amerikanern, und wir stellen Amerikaner ein.»

Trumps Botschaft an die Welt: Er werde nicht mehr die Grenzen anderer schützen, sondern die eigenen. Seine Botschaft an die Amerikaner: «Wenn wir zusammenstehen, ist Amerika nicht zu stoppen.»

Weniger festlich als sonst, weniger gut besucht, fast ausschliesslich weisse Gäste, mehr Aggressivität auf den Rängen: So lässt sich die Stimmung an der Vereidigung Trumps zusammenfassen.

Frühmorgens scheinen so viele Demonstranten mit der Metro unterwegs zu sein wie Trump-Anhänger. Sue Schofield (47) ist aus Kentucky angereist, zusammen mit 13 Freundinnen. «Um meine Abscheu hörbar zu machen. Trump ist schrecklich», sagt sie.

Hinter dem Kapitol steigt sie aus und verschwindet in der Nacht. Schnell geht es durch die Sicherheitsschleusen. Schilder weisen den Besuchern die Sektionen zu. Grün. Orange. Braun. Blau.

Es ist acht Uhr früh, die Stimmung noch verhalten. Linda Ackerman (72) aber strahlt. Aus Kalifornien ist sie angereist, sie will «Geschichte erleben». Da sie für Trump Geld sammelte, darf sie an seine Feier. «Trump ist der Einzige, der durchschnittliche Amerikaner wirklich versteht.»

Regen setzt ein. Ackerman zieht wie viele einen Poncho über. Wie Woodstock ohne Musik wirkt nun die Feier. Man ist fröhlich, horcht Chören und Marschmusik. Grenadiere bringen die Flaggen. Fanfaren blasen. Trommeln dröhnen.

Das sei ein «ganz grossartiger Tag», sagt Jeff Ludlam (43), Anwalt aus Oklahoma City. Wie seine Gattin Lisa trägt er Pelz. «Historisch ist dieser Tag, weil mit Trump erstmals ein Geschäftsmann regiert.» Was Amerika nur guttun könne. «Trump soll das Land wie einen Konzern führen.»

Nun treffen bekannte Gäste ein. Applaus gibt es für die ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney (75) und Dan Quayle (69). Buhrufe erntet Hillary Clinton (69), die mit ihrem Gatten, Ex-Präsident Bill Clinton (70), da ist. Bei Michelle Obama klatschen weit mehr als bei Barack Obama.

Die Texanerin Collen Quick jubelt, als Trump in seiner Rede sagt, «die Vergessenen werden nicht mehr vergessen». Später meint Quick, «jeder Amerikaner muss eine Amtseinführung einmal erleben». Selbst bei Clinton wäre sie hier. «Amerika beweist, wie man Macht friedlich weitergibt.»

Hinter ihr knattert ein Helikopter. Obama steigt ein und fliegt davon. Als Ex-Präsident. Und Amerika, das Trump «wieder gross machen» will, besteht weiter.