Hilfswerk gar nicht hilfsbereit

Fotograf aus Bangladesch verklagt Helvetas in New York. Mit teuren Folgen.

Von Peter Hossli

Am 24. April 2013 stürzt in Sabhar in Bangladesch ein achtstöckiges Gebäude ein, eine Näherei. 1127 Menschen sterben. Fotograf Ismail Ferdous (27) gelingen aufwühlende Bilder. Zuerst zeigt sie die «New York Times», dann andere Zeitungen. So macht Ferdous, ein Bangladeshi, die menschenverachtenden Zustände in der Textilindustrie weltweit publik.

Die Bilder fallen Helvetas auf, einem Schweizer Hilfswerk, dessen Jahresbudget von 133 Millionen Franken zur Hälfte der Bund trägt.

2016 heuert Helvetas eine junge Filmemacherin an. Sie soll ein Video drehen, um fair produzierte
T-Shirts anzupreisen. Ihr Film läuft am 23. April dieses Jahres im Zürcher Volkshaus – und weltweit auf der Videoplattform Vimeo.

Alles andere als fair verhält sich die Filmerin von Helvetas. Sie verwendet 31 Fotos von Ferdous. Doch statt den Fotografen um Erlaubnis zu bitten und ihn zu bezahlen, kopiert sie die Fotos aus dem Netz.
Schliesslich informiert Helvetas den Fotografen und bietet ihm 400 Dollar an – ein bescheidener Betrag angesichts des Ruhms, den der preisgekrönte Ferdous durch seine Arbeit erlangt hatte. Der Fotograf verlangte ein Honorar von 15 000 Dollar. Helvetas unterbreitet ein Gegenangebot: 3000 Dollar.

Zu wenig. Mitte Juni reicht Ferdous am Southern District Court von New York eine Klage gegen Helvetas ein. Möglich ist dies, weil das Schweizer Hilfswerk einen Ableger in Manhattan hat. Es habe sein Urheberrecht verletzt, klagt Ferdous. Pro Verletzung fordert er bis zu 25 000 Dollar. Bei 31 Bildern wären es 775 000 Dollar.

Helvetas nimmt sich einen Anwalt. Der Anwalt von Ferdous steigt mit einer sechsstelligen Forderung in die Verhandlungen ein. Ende August einigt man sich aussergerichtlich – und vereinbart Stillschweigen. «Wir haben einen Fehler gemacht, den wir bedauern», so Helvetas-Kommunika­tionschef Stefan Stolle. Er betont: «Wir arbeiten oft mit Südfotografen zusammen und bezahlen sie immer fair.» Ferdous nimmt nicht Stellung.