Von Peter Hossli
Es war ein trüber Tag im Januar. Ein Mann löste beim Kiosk Buchegg in Zürich vier «Happy Day»-Lose ein. Sein Gewinn: 420 Franken. Ein paar Hundert Meter entfernt holte er einen Profit für vier weitere Lose am Schaffhauserplatz ab: erneut 420 Franken.
Beim Lunch unterhielt sich das Personal der beiden Kioske über das Glück. Stutzig machten die identische Gewinne – und die gleichen Seriennummern der Lose. Rasch merkte die Zürcher Polizei: Es sind Fälschungen. Später entdeckten sie Los-Blüten im Wert «mehrerer 10000 Franken», sagt ein Informant.
Swisslos-Sprecher Willy Mesmer bestätigt die Fälschung. Zur Grösse des Schadens sagt er nichts. Aber: «Der Betrag war gross genug, dass es eine Reaktion brauchte.» Und die fiel heftig aus. Swisslos liess eine Million Lose einstampfen. Sie kündigte der Zürcher Firma Karl Schwegler AG den Druckauftrag –ihre Lose seien zu wenig fälschungssicher. Neu werden die «Happy Day»-Lose in der deutschen Stadt Schwerte östlich von Dortmund fabriziert, von der Firma Diagramm Halbach. Schwegler musste sechs Personen entlassen.
Eine Losfälschung sei «wie eine Geldfälschung», sagt «Happy-Day»-Moderator Röbi Koller (57). «Ich bin aber sicher, dass Swisslos alles unternimmt, um dies in Zukunft zu verhindern. Damit der gute Ruf der Lose und der Sendung ‹Happy Day› erhalten bleibt.»
Swisslos hielt den Vorfall unter dem Deckel. Hinter den Kulissen aber rumort es, zumal wochenlang keine «Happy Day»-Lose erhältlich waren. «Die Fälschungen haben unsere Zusammenarbeit wie ein Erdbeben erschüttert», sagt Schwegler-Chef Daniel Baer. Es seien «bündelweise» solcher Lose produziert worden, vermutlich von Balkan-Banden. «Wir wussten: Das ist ein extremes Problem.»
Just entwickelte er ein neues Los. Doch Swisslos lehnte es ab. «Der Sicherheitsstandard war nicht gewährleistet», so Sprecher Mesmer. Nötig sei ein Los, bei dem die Kioskverkäuferinnen «schnell und bequem» eine Fälschung erkennen. Das biete das Zürcher Los nicht.
Baer hat eine andere Erklärung: «Die Deutschen drucken billiger als wir.» Er wäre in der Lage gewesen, ein sicheres Los in der Schweiz herzustellen – allerdings zu einem höheren Preis. Swisslos kontert: «Es geht nicht ums Sparen», sagt der Sprecher. «Wäre es möglich gewesen, hätten wir in der Schweiz gedruckt.» Zumal das «Happy Day»-Los eines der wenigen Lose war, das noch hier hergestellt wurde. «Ohne die Fälschungen im Januar hätten wir den Lieferanten nicht gewechselt.»
Der Auftrag ist beachtlich. Jährlich werden sechs Millionen «Happy Day»-Lose fabriziert. Schwegler-Chef Baer betont: «Unsere Firma gerät wegen des Wegfalls nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten.»
Unter vorgehaltener Hand gibt es Kritik an der Vergabe des Auftrags nach Deutschland. «Es ist wie wenn man eine Banknote im Ausland druckt», sagt ein ehemaliger Mitarbeiter von Swisslos. Ihn ärgere der Umstand, «dass ein schweizerisches Unternehmen, das sehr liquide ist, im Ausland druckt.»
Tatsächlich könnte sich die Landeslotterie Swisslos einen Schweizer Drucker leisten. Die Genossenschaft gehört den Deutschschweizer Kantonen und dem Tessin. 2014 erzielte sie einen Gewinn von 389 Millionen Franken. Das Lotteriegesetz von 1923 schreibt vor: Das Geld kommt wohltätigen und kulturellen Organisationen zu.
Doch ist das deutsche Los wirklich sicherer? Bei der Einmischung grosser Treffer war bis anhin je eine Person vom Zürcher Stadtammannamt und von Swisslos dabei. Künftig prüft in Schwerte nur noch eine deutsche Revisionsgesellschaft, ob alles korrekt abläuft.
Kunden und Kioske seien nicht zu Schaden gekommen, sagt Mesmer. Die Fälscher hätten es auf kleine Gewinne abgesehen. «Swisslos entschädigte alle Verkaufsstellen, die Fälschungen auszahlten.»
Und die mutmasslichen Fälscher? Gegen sie läuft ein Strafverfahren, sagt eine Sprecherin der Zürcher Staatsanwaltschaft. «Und es ist zu einer Verhaftung in diesem Zusammenhang gekommen.»