Von Peter Hossli
Regungslos steht er da, starrt, oft stundenlang. Erkennt er ein zartes Zittern im trüben Wasser, wuchtet er den Schnabel blitzschnell in den Teich. Sofort ist der Fisch verschluckt.
Es ist ein Schauspiel, das es in der Schweiz nicht mehr zu bestaunen gibt. Der letzte Schuhschnabel, dieser mysteriöse afrikanische Vogel, ist weg. Ein Männchen und ein Weibchen haben den Zoo Zürich verlassen, bestätigt Direktor Alex Rübel. «Im Mai erscheint die neue Zookarte, darauf fehlt der Schuhschnabel.»
Als Sensation kamen die Geschwister 2009 in die Schweiz – als erste in einem Zoo gezüchtete Schuhschnäbel. Jetzt sind sie zurück im belgischen Cambron, wo sie Mitte 2008 schlüpften.
Zum Missfallen vieler Zoobesucher. Die 1,2 Meter grossen grimmigen Vögel mit dem schuhförmigen Schnabel waren Lieblinge, «zwei tolle Vögel», sagt Rübel.
Und doch musste er sie ziehen lassen. Die Einzelgänger lebten im Nashorn-Haus. Dieses wird umgebaut. Künftig hausen dort Koalas, Echsen und Kängurus.
Da die Schuhschnäbel die Geschlechtsreife erreicht haben, sollen sie nun selbst in Belgien Nachwuchs zeugen. Allerdings kann vorerst nur das Zürcher Männchen Liebeshoffnungen hegen. Auf ihn wartet eine belgische Schuhschnäblerin. Für das aus Zürich angereiste Weibchen fehlt noch ein kecker Vogel.
In Europa kann der Schuhschnabel noch in Prag und zwei deutschen Zoos bestaunt werden. «Es wäre schön, vermehrten sich die Vögel», so Rübel. Für den Nachwuchs verzichte der Zoo auf die Attraktion. «Wir halten gezüchtete Tiere», sagt der Direktor. «Es geht nicht um die Attraktivität, sondern um Tiere.»
Der erste Schuhschnabel kam 1963 nach Zürich, ein Geschenk des Schuhhändlers Bally. Heute leben weltweit 30 Vögel in Zoos – in Europa, den USA, Japan, Singapur und Katar. Es gibt noch 5000 wilde Tiere. Sie sind bedroht, denn der stille Vogel ist in Afrika eine Delikatesse.