Von Peter Hossli
Rasant breitet sich das tödliche Ebola-Virus in Westafrika aus. Einen ersten Fall meldete Guinea im März. Ende August waren 3069 Ansteckungen bestätigt oder zumindest Verdachtsfälle gemeldet. Bisher sind 1552 Menschen an der Krankheit gestorben. Alle in Afrika. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rechnet mit weiteren 20 000 Infizierten in den kommenden Monaten.
Nach Europa käme die Seuche wohl im Grossraumflugzeug. Wobei die Flughäfen Charles de Gaulle in Paris sowie Gatwick in London und Brüssel in Belgien als Einfallstore gelten. Allesamt Städte in ehemaligen Kolonialmächten, welche die häufigsten Verbindungen zu den Flughäfen Conakry in Guinea und zu Freetown in Sierra Leone haben. Von dort würde das Ebola-Virus am ehesten nach Europa kommen, zeigt die Berliner Humboldt-Universität in einer neuen Studie.
Bereits Anfang August strich British Airways ihre Flüge in die westafrikanischen Länder Guinea, Liberia und Sierra Leone. Air France fliegt seit Ende letzter Woche nicht mehr nach Freetown. Aus den ebenfalls betroffenen Staaten Senegal und Nigeria gibt es etliche Direktflüge nach Europa. Es würde nicht reichen, diese Verbindungen einzustellen. Zumal das Virus auch auf dem Meerweg nach Europa gelangen könnte. Bereits stellen Italiener und Spanier die Forderung, ihre Grenzen besser bewachen zu dürfen. Sie fürchten mit dem Virus infizierte Migranten aus Afrika.
Dringend benötigt wird ein wirksamer Impfstoff. Gross sind die Hoffnungen, die derzeit ein klinischer Test mit einem experimentellen Wirkstoff entfacht. Er beginnt nächste Woche – erstmals an Menschen. Grünes Licht gegeben hat die US-Gesundheitsbehörde FDA, obwohl die sonst üblichen Vorabklärungen nicht durchgeführt wurden. Um Leben zu retten, bewilligt die FDA einen Express-Versuch.
Entwickelt haben den Impfstoff der Pharmakonzern GlaxoSmithKline und das amerikanische National Institute of
Allergy and Infectious Diseases (NIAID). Zuerst erhalten drei Freiwillige den Impfstoff.
Erleiden sie keine negativen Nebenwirkungen, spritzen die Ärzte weiteren gesunden Testpersonen eine Dosis in den Deltamuskel auf der Schulter. Die ausgewählten Freiwilligen sind zwischen 18 und 50 Jahre alt.
Zuvor ist das Vakzin an Schimpansen getestet worden – mit sehr guten Resultaten. Gesunde Affen waren immun gegen das Ebola-Virus. Trotzdem warnt Anthony Fauci, NIAID-Direktor: «Es ist unmöglich, vorauszusagen, wie der Impfstoff bei Menschen wirkt.»
Die Versuche finden in Grossbritannien, in Gambia und Mali statt – nicht aber in den besonders betroffenen Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia. Dort ist die medizinische Versorgung nicht sicher genug.
Die Zeit drängt. Deshalb hat GlaxoSmithKline bereits angefangen, 10 000 Dosen des neuartigen Serums zu produzieren. Sobald die WHO es freigibt, beginnt in Westafrika eine grosse Impfaktion. Resultate des Tests sollen Ende Jahr vorliegen.