Vekselberg trickst Schweizer aus

Die Stahlschmelze Schmolz + Bickenbach steht vor einem Machtwechsel. Viktor Vekselberg übernimmt, die Schweizer bleiben aussen vor.

Von Peter Hossli und Guido Schätti

Nur ein paar Stunden konnte die Führung des Stahlkonzerns Schmolz+Bickenbach (S+B) ihren Sieg an der Generalversammlung vom Freitag in Emmenbrücke LU feiern. Dann fuhr der russische Investor Viktor Vekselberg (56) seine Krallen aus und beendete die Party. Der Oligarch riss sich gut 20 Prozent der Aktien unter den Nagel, spannt mit den Gründerfamilien zusammen und beruft eine ausserordentliche GV ein. Dort wird die heutige Führung um Präsident Hans-Peter Zehnder (59) abgewählt. «Ziel ist es, die Jasager innerhalb des Verwaltungsrates zu ersetzen», kündigt Vekselbergs Investmentgesellschaft Renova an.

Betroffen ist auch S+B-Verwaltungsrat Gero Büttiker. Mittels Klage beim Zürcher Handelsgericht hatte er erreicht, dass das Vekselberg-Lager an der GV nur mit der Hälfte der Aktien abstimmen durfte. Damit verzögerte er die Niederlage, ohne sie abzuwenden. «Wir wollten eine Schweizer Lösung», sagt Büttiker (67). «Jetzt ist es eine russische, einmal mehr sind wir Schweizer flach herausgekommen.» Aus seiner Sicht ist es «tragisch, dass eine Industriefirma weniger in Schweizer Hand ist».

Die helvetische Lösung wäre Franke-Chef Michael Pieper (67) gewesen. Laut Büttiker bot er den Gründer­familien um Ex-S+B-Verwaltungsratspräsident Michael Storm (62) drei Franken pro Aktie. Vekselberg zahlte nur Fr. 2.40. Können die Deutschen nicht rechnen? Sehr gut sogar. Laut In­sidern haben sie sich nicht nur bei S+B, sondern auch mit anderen Geschäften verkalkuliert. Da kam Milliardär Vekselberg gerade recht. Er half Storm und Co. privat aus der Patsche und erhielt 20 Prozent der S+B-Aktien zum Schnäppchenpreis.

Den Kleinaktionären offeriert Vekselberg Gr. 2.85 für ihre Titel. Das ist weniger als der Schlusskurs vom Freitag und verdeutlicht, dass Vekselberg nicht auf eine Vollübernahme abzielt. «Wir wollen, dass S+B eine Publikumsgesellschaft bleibt», sagt Renova-Sprecher Rolf Schatzmann.

Trotz bescheidenem Angebotspreis: Für die Kleinaktionäre könnte die Rechnung auf Dauer trotzdem aufgehen. Vekselberg ist schon Grossaktionär bei OC Oerlikon und Sulzer. Als er dort einstieg, schlug ihm wie heute bei S+B heftiger Widerstand entgegen. Beide Firmen entwickelten sich mit Renova-Beteiligung aber prächtig.