Von Peter Hossli
Er nannte sie «Regenschirme» – geheime Konten, auf denen der ehemalige UBS-Trader Kweku Adoboli (32) illegal erzielte Gewinne versteckte. An sogenannten «Regentagen» – wenn er sich mal verzockte – entnahm Adoboli den Schirmen Gelder und deckte damit seine Verluste.
Seit knapp drei Wochen steht Adoboli in London vor Gericht. Er ist angeklagt, während fast drei Jahren betrogen und 2,3 Milliarden Dollar der UBS verzockt zu haben. Sein mutmassliches Motiv: Gier. Lohn und Boni wollte er damit treiben.
Etliche seiner Kollegen kannten die Schirme, steht nun fest. So gestand Adobolis Vorgesetzer John Hughes (30), selbst unautorisierte Geschäfte abgewickelt zu haben. Wie hoch Adobolis Verluste waren, habe er aber nicht gewusst, so Hughes. Die Aussagen des im November 2011 entlassenen ehemaligen UBSTraders werfen ein schiefes Licht auf die Kontrollen der UBS. Sie entlarven eine Kultur der Gier, zu der offenbar Betrug gehörte.
Hughes weinte im Zeugenstand. Erstmals hörte er im Januar 2011 von den Regenschirmen, gab er zu.
Bereits im Februar 2011 teilte ihm Adoboli in einem Chat mit, wie viel Geld auf einem der Konten liege. «Schön, jetzt kann es richtig runterseichen», antwortete Hughes flapsig, als sei die Bank ein Casino.
Im Juni 2011 soll Hughes selbst ein Konto Adobolis benutzt haben, sagte Verteidiger Charles Sherrard. Dabei weilte Adoboli in Griechenland in den Ferien.
Letzte Woche sagte Hughes, er hätte geschwiegen, als er erstmals von den Schirmen hörte. Warum? «Weil ich dumm war.»
Hughes spielt in die Hände von Adoboli. Seine Anwälte wollen beweisen, wie die UBS krumme Touren tolerierte, so lange sie Gewinne abwarfen.
Adoboli, der 2005 zur UBS stiess, arbeitete in einem kleinen Team. Mit drei weiteren Börsenhändlern kaufte und verkaufte er sogenannte Exchange-Traded Funds, in Fonds gebündelten Wertpapiere. Hughes war Teamleiter. Die Kollegen hiessen Simon Taylor, Christophe Bertrand. Man nannte sie die vier Musketiere.
Was lief, wussten alle, sagte Verteidiger Sherrard. Kurz bevor Adoboli am 14. September 2011 per E-Mail ein Geständnis ablegte, hätten sich drei gegen einen verschworen. «Dann wandelte sich euer Team von vier zu drei Musketieren», sagt er zu Hughes. «Ihr habt ihm in den Rücken gestochen, ihn blutend auf dem Gefängnisboden liegen gelassen.»
Nicht nur Hughes kannte die Regenschirme. Adoboli tauschte sich in elektronischen Nachrichten mit Kollege Taylor darüber aus. «Wir haben eine schöne Stange Bargeld für den Regenschirm», schrieb ihm Adoboli. «Für Regentage.» Taylors antwortete entlarvend: «Schön.»
Heute Donnerstag sagt Christophe Bertrand aus. Kannte auch der französische Mathematiker die Regenschirme Adobolis, ist der Verdacht auf ein Komplott kaum wegzuweisen.