“Ich gehe keine unnötigen Risiken ein”

Der 29-jährige Pascal Mora ist einer der jungen Fotografen, die es immer wieder in Kriegsgebiete zieht. Im Interview erklärt der Schweizer, warum er sich das antut und wie er das Elend verarbeitet.

Von Peter Hossli

syrien1Herr Mora, Sie sind ein junger Fotojournalist. Warum gehen Sie in Kriegsgebiete?
Pascal Mora: Mich interessiert die arabische Revolution. Deshalb ging ich nach Libyen und Syrien. Anfänglich war es Fotografen und Journalisten kaum möglich, unabhängig aus Syrien zu berichten. Der Krieg fand fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Umso wichtiger ist dort die Berichterstattung vor Ort.

Wie bereiten Sie sich auf solche Einsätze vor?
Ich habe einen Kurs der deutschen Bundeswehr besucht. Journalisten lernen dabei, wie sie sich unter Beschuss oder bei Kontrollen verhalten sollen. Der Ernstfall aber ist anders. Deshalb sollte Journalisten stets wissen, um was es geht, wie die politische Situation im Land ist, wer die kämpfenden Parteien sind.

Was tun Sie, damit Ihnen beim Einsatz nichts passiert?
Ich gehe keine unnötigen Risiken ein, setze mein Leben nicht für ein Bild aufs Spiel. Gegen Schüsse und Splitter trage ich eine Schutzweste. Zudem sichere ich mir Fluchtwege. Bevor ich in das Kriegsgebiet reise, arbeite ich einen Notfallplan mit Freunden in der Schweiz aus. Sollte ich mich ein paar Tage nicht melden, setzt sich eine Rettungskette in Gang.

Sie profitieren davon, wenn andere Menschen leiden. Wie gehen Sie damit um?
Die gesamte Medienwelt profitiert vom Leid anderer. Es ist das Geschäft mit Nachrichten. Persönlich sehe ich mich nicht als Profiteuer. Meine Kosten sind hoch, die Einnahmen gering. Ich decke meine Spesen. Allerdings gehe ich nicht wegen des Geldes. Wir Journalisten sind Augenzeuge. Es ist unsere Aufgabe, über das zu berichten, wo niemand hinschaut.

syrien2Sie begegnen bei der Arbeit Tod und Elend. Wie verarbeiten Sie das nach Ihrer Rückkehr?
Es ist nicht mein Ziel, Tote und Elend zu fotografieren. Mich interessieren das alltägliche Leben in einem Kriegsgebiet und absurde Situationen. Hier fallen Bomben, ein paar Kilometer entfernt kaufen die Leute ihre Unterwäsche. Die ersten paar Tage nach der Rückkehr in die Schweiz sind meist komisch. Plötzlich fallen keine Bomben mehr – und das Wetter ist das wichtigste Thema am Radio.

Was können Bilder aus Konfliktregionen denn bewirken?
AP-Fotograf Nick Ut hat 1972 in Vietnam ein nacktes Mädchen fotografiert, das nach einem Napalm-Angriff flüchtet. Das Bild hat in den USA ein Umdenken ausgelöst, was den Vietnamkrieg betrifft.

Fotos: Pascal Mora