Genialität ist nicht kopierbar

Apple verlor den Gründer erstmals 1985. Jahrelang schlingerte der Konzern. Das droht erneut. Als Retter kann Steve Jobs aber nie mehr herbeieilen.

Von Peter Hossli

jobsSeit dem Tod von Steve Jobs werde ich den Satz nicht los: «Macs always crash», Macs stürzen ständig ab, sagte mir 1996 ein New Yorker Informatikstudent. Elf Jahre zuvor, 1985, hatte Jobs nach einem wüsten Machtkampf Apple verlassen müssen. Kurz nachdem er den Ur-Macintosh lancierte hatte, ein Computer, der beim Aufstarten lachte.

Fortan hatte Apple Mühe, überhaupt Computer zu bauen. Monate dauerte es, bis die angekündigten Rechner im Regal standen. Öde waren sie, unzuverlässig, trugen unsinnliche Namen wie IIcx oder LC. Apple mangelte es an Identität. Unausweichlich schien damals der Konkurs.

Die wenigen Apple-Fans aber blieben treu. Irgendwann, wussten sie, würde Jobs, der Erlöser, zurückkommen.

Apple holte ihn 1997. Zuerst als Berater, ab 2000 für einen Dollar Gehalt als Konzernchef. Der Rest ist Wirtschaftsgeschichte. Aus der maroden Firma formte er den globalen Trendsetter schlechthin. Er erkannte das Potenzial des World Wide Web und entwickelte den iMac, den Internet-Mac. Anders war er, bunt, weiblich, ein bisschen sexy. Eine Maschine zum Gernhaben. Ein Computer, der Apples Tugenden wiederbelebte – und den Konzern rettete.

Mit dem iPod krempelte Jobs die Musikbranche um. Sein iPhone revolutionierte die mobile Telefonie. Zuletzt lancierte er den iPad – ein Produkt, das niemand braucht, und doch jeder will. Jobs schuf Objekte, die man begehrt und nicht mehr hergibt. Für die man sogar viel mehr zahlt.

Der Erfolg ist phänomenal. Als Jobs starb, war Apple der weltweit wertvollste Konzern. Wichtiger noch: Apple hatte echten Einfluss auf die Welt.

Wegen Jobs. Der Erfolg fusst allein auf seiner Kreativität, auf seiner unvergleichlichen Weitsicht, dem Verkaufstalent. Nun droht Apple der Rückfall ins Mittelmass. Ähnlich wie Disney nach dem Tod von Walt jahrzehntelang nur fade Filme in die Kinos brachte. Ohne Boss gings nicht.

Apple wiegelt ab. Jeder Mitarbeiter hätte das Jobs-Konzept verinnerlicht. Viele von ihm ersonnene Geräte kämen noch auf den Markt.

Schönfärberei. Jobs’ Konzept lässt sich nicht verinnerlichen. Zumal es stets gleich geblieben ist, eine Dreifaltigkeit aus betörendem Design, nahtlos funktionierender Technik und vifem Marketing. Jobs baute tolle Maschinen, und er wusste sie zu verkaufen. Hexerei? Mitnichten.

Nachahmen kann es trotzdem keiner. Genialität lässt sich nicht kopieren. Sie ist lebendig. Es brauchte den unverwüstlichen Despoten mit den guten Ideen, der sein Personal antrieb, sie zu realisieren und zu vermarkten. Nie gab Jobs die Kontrolle ab, sogar der Schriftsatz der Speisekarte in der Kantine war ihm wichtig. Ersetzen kann Apple ihn nicht.

Bereits rutscht der Kurs der Aktie ab. Samsungs Smartphones gelten als die besseren iPhones, jenen von Microsoft gehört die Zukunft. «Fugly» sei das neue iPhone-Betriebssystem, «verdammt hässlich», twittert ein Hacker – unverblümt direkt wie «Macs always crash».