Von Peter Hossli und Daniel Meier
Kaum leserlich ist die Unterschrift, die Renzo Gadola (44) kurz vor Weihnachten in Florida unter ein Papier setzte. Die Folgen dürften schwerwiegend sein – für ihn und einige Schweizer Banken.
Gadola, einst Privatbanker bei der UBS und seit 2009 selbständiger Vermögensverwalter, legte ein Schuldgeständnis ab. Jahrelang hatte der sportliche Schweizer reichen US-Bürgern beim Steuerbetrug geholfen – bis zu seiner Verhaftung am 6. November 2010 in Miami. Bundespolizisten hatten ihn in flagranti bei der Beihilfe zum Betrug ertappt.
Mit der Signatur verspricht Gadola, «voll mit den USA zu kooperieren». Er werde «wahrheitsgetreu aussagen» und «Dokumente, Aufzeichnungen und Beweise» liefern – gegen US-Kunden von Schweizer Banken, mit denen er zusammengearbeitet hat. Dazu zählt laut Anklageschrift die Basler Kantonalbank.
Gadola packt aus, um die eigene Haut zu retten. Singt er, empfehlen die Ankläger dem Richter, eine Strafe von zehn bis 16 Monaten statt eine von fünf Jahren auszusprechen. Das Szenario erinnert an Bradley Birkenfeld (45), den ehemaligen UBS-Banker, dessen Fall das Schweizer Bankgeheimnis massiv anknackte.
Beide waren in der Nordamerika-Abteilung der UBS tätig. Die löste durch kriminelles Tun den Steuerstreit mit den USA aus. Beide wurden überführt, gestanden und kooperierten mit US-Fahndern. Kronzeuge Birkenfeld stürzte die UBS in eine Krise. Seit einem Jahr sitzt er im Gefängnis. Gadola dürft nach der Urteilsverkündung im März folgen.
Schnelle Autos fuhr Birkenfeld in der Freizeit. Gadola ist ein Tennisass, zählte in der Schweiz stets zu den besten seiner Altersklasse. Mehrmals spielte er gegen Martina Hingis. Als «umgänglich» und «draufgängerisch» beschreiben ihn Freunde. Sie waren überrascht, als Gadola letztes Jahr seine Ehefrau nach 15 Jahren verliess.
Ist Gadola eine Schweizer Version Birkenfeld? «Ja», sagt Peter Hardy, einst Ankläger beim US-Justizministerium und heute privater Strafverteidiger. «Sein Fall unterstreicht: Die USA lassen nicht locker.» Gadolas Verhaftung sei «eine Warnung an alle, die Amerikanern weiterhin bei Steuertricks helfen.»
Rund 20000 reuige US-Steuerbetrüger zeigten sich in den letzten zwei Jahren selbst an. Um der Strafklage zu entkommen, meldeten sie der Steuerbehörde IRS Namen von Banken, Kundenberatern und Finanzintermediären. «Diese Daten sind die Schatztruhe der IRS», sagt US-Anwalt William Sharp – «Beweismaterial für weitere Klage.» Jeder Banker, der US-Kunden betreute, müsse sich fürchten. «Amerika ist weit davon entfernt, diese Akte zu schliessen.»
Gadola handelte laut Anklage nicht allein. Er soll, zusammen mit seinem Geschäftspartner, US-Bürgern bei der Steuerhinterziehung geholfen haben. Die beiden kennen sich aus der gemeinsamen Zeit bei der UBS. Zuletzt teilten sie in der Zürcher Altstadt ein Büro, wo sie 400 000 Dollar Schwarzgeld eines Amerikaners versteckten.
Nach der Verhaftung Gadolas tauchte der Geschäftspartner unter. Inzwischen ist er wieder im Zürcher Büro anzutreffen. Durch die Gegensprechanlage erklärte er freundlich, er wolle sich nicht äussern. Gadola, die UBS und die Basler Kantonalbank schweigen auch.