An Potters Zauberstab hängen die Milliarden

Die Magie von Harry Potter fesselt Kinder wie Erwachsene. Am 21. Juli erscheint der siebte und letzte Band des Zauberlehrlings. Er hat nicht nur seine Autorin Joanne Rowling zur Millionärin gemacht. Das sind die wichtigsten Personen und Branchen, die dank und mit Harry Potter Millionen verdienen.

Von Peter Hossli

Sie war knapp 30, geschieden, arbeitslos und bezog Sozialhilfe. Aufgeben mochte Joanne Rowling deswegen nicht. Wann immer ihre zweijährige Tochter schlief, schrieb sie an einem Roman, den sie später mit «Harry Potter and the Philosopher’s Stone» betitelte.

Das war 1995. Niemand konnte damals ahnen, welche Dimensionen die Serie über einen britischen Jungen, der sich zum Zauberer ausbilden lässt und zum Mann heranreift, annehmen würde. Zwölf Jahre später ist Rowling Milliardärin und die reichste Autorin der Welt. Nur gerade von der Bibel und Maos «Wort des Vorsitzenden» wurden mehr Exemplare verkauft. Am 21. Juli erscheint weltweit der siebte und letzte Band von Rowlings fantastischer Harry-Potter-Serie, vorerst nur in englischer Sprache (die deutsche Version folgt am 27. Oktober). «Harry Potter ist das vermutlich wertvollste Unterhaltungsprodukt, das jemals geschaffen worden ist», sagt Jon Garon, Rektor der Rechtsabteilung der Hamline University und Spezialist für Urheberrechte.

Mindestens 325 Millionen Bücher in 65 Sprachen sind bisher verkauft worden. Kinder, Teenager und Erwachsene lesen sie. Der siebte Band wird allein in den USA mit einer Auflage von 12 Millionen lanciert. Dabei hatten ursprünglich 12 Verlage das Manuskript abgelehnt. 1000 Stück umfasste die Startauflage. Die Filmrechte der ersten vier Bücher musste Rowling noch für unter zwei Millionen Dollar an Warner Brothers abtreten. Mittlerweile ist sie beteiligt an Kino-, DVD- und Fernseh-Einnahmen. Rowling kassiert Anteile an den lukrativen Merchandising-Einnahmen.
Rowling wird bis ans Lebensende profitieren

Bis anhin hat die Autorin mit Harry Potter über 1,5 Milliarden Dollar verdient. Für Grossbritannien, wo Rowling lebt und Steuern zahlt, hat sich die Arbeitslosenhilfe also zweifelsohne gelohnt. Es dürfte sich auch noch lange lohnen. «Rowling wird bis an ihr Lebensende von den Harry-Potter-Lizenzen profitieren», sagt Jon Garon. So soll noch dieses Jahr der Grundstein für ein Harry-Potter-Themenpark in Florida (Baukosten 265 Mio Dollar) gelegt werden, der dann 2009 eröffnet werden soll.

Rowling ist längst nicht die Einzige, die Harry Potter reich machte. Es profitieren ihr Agent, das US-Filmstudio von Warner Brothers, die Kinobesitzer, weltweit der Buchhandel, die Verlage und die Hersteller von Merchandising-Artikeln. Millionäre wurden und werden, das zeigen die nebenstehenden Berechnungen, denen unterschiedlichste Quellen und eigene Berechnungen zugrunde liegen, auch Schauspieler und Regisseure.

Die Autorin – Joanne Rowling

Die britische Literaturagentur Christopher Little nahm Joanne Rowling 1995 unter Vertrag und bot den ersten Harry-Potter-Band vergebens zwölf Verlagen an. 1997 zahlte der kleine britische Verlag Bloomsbury Rowling einen Vorschuss von 1500 Pfund. Kurz darauf erhielt sie vom schottischen Kulturrat 8000 Pfund, um ein zweites Buch zu schreiben. Der US-Verlag Scholastic kaufte den ersten Harry-Potter-Roman für 100 000 Dollar. Offiziell wurde Harry Potter in England im Juni 1997 lanciert, mit einer Auflage von 1000 Stück. Gemäss Christopher Little sind mindestens 325 Millionen Harry-Potter-Bücher in 200 Ländern verkauft worden, andere Quellen sprechen von 380 Millionen. Vom siebten Buch dürften allein in diesem Jahr 70 Millionen Exemplare verkauft werden.
Die Chefredaktorin von «Publishers Weekly», Sara Nelson, schätzt, dass Rowling rund 30 Prozent des Buchumsatzes in Form von Autorenhonorar erhält. Bei 400 Millionen verkauften Büchern zu durchschnittlich 10 Dollar kommt Rowling auf rund 1,2 Milliarden Dollar durch den weltweiten Bücherverkauf.

Die Filmrechte

Die Rechte an den ersten vier Bänden verkaufte J. K. Rowling für eine Million Pfund (1,984 Millionen Dollar) an Warner Brothers. Später handelte sie sich eine Gewinnbeteiligung aus. Gemäss Urheberrechts-Spezialist Jon Garon kriegen Top-Autoren wie Rowling je ein Prozent des Gewinn an der Kinokasse, beim Verkauf von DVD und der Fernsehrechte. An den bisherigen vier Filmen verdiente Warner Brothers im Kino 1,51 Milliarden, mit dem Verkauf von DVD 1,41 Milliarden und mit dem von Fernsehrechten 2,02 Milliarden Dollar. An Rowling flossen 49,3 Millionen Dollar. Für die letzten drei Bücher hat J. K. Rowling mindestens so viel erhalten wie Dan Brown für «The Da Vinci Code», also mindestens 6 Millionen Dollar. Das sind nochmals 18 Millionen Dollar. Demnach hat Rowling bisher Lizenzgebühren von 67,31 Millionen Dollar erhalten für den Verkauf der Rechte und die Beteiligung an den ersten vier Filmen.

Das Merchandising

J. K. Rowling ist beteiligt am offiziellen Merchandising-Verkauf. Gemäss Rechtsprofessor Garon kann ein Autor von diesem Kaliber einen Anteil von drei Prozent am Gewinn aushandeln. Der Gewinn des Merchandising-Verkaufs ist bei einem Produkt wie Harry Potter doppelt so hoch wie der Gewinn von Film, DVD und Fernsehen. Insofern kann von einem Merchandising-Gewinn von fast 10 Milliarden Dollar ausgegangen werden. J. K. Rowling bleiben 297 Millionen Dollar. Rowling hält die Lizenzrechte an Harry Potter, die noch während Jahren Milliarden erzielen werden.

J. K. Rowling – die Rechnung
Verkauf Bücher 1.2 Milliarden Dollar
Film, DVD, Fernsehen 0.067 Milliarden Dollar
Merchandising 0.297 Milliarden Dollar
Total 1.564 Milliarden Dollar

Die Agentur

J. K. Rowling wird vertreten von der britischen Agentur Christopher Little Literary Agency. Sie dürfte zwischen 10 und 20 Prozent des Umsatzes von Rowling einstreichen. Eine Top-Autorin wie Rowling muss weniger abgeben als ein weniger etablierter Autor. Demnach bleiben bei Christopher Little rund 156 Millionen Dollar.

Der Buchhandel

Beim Buchhandel bleiben zwischen 50 und 65 Prozent des Umsatzes bei den Verlagen. Bei 400 Millionen verkauf-ten Bücher à durchschnittlich 10 Dollar hat der Buchhandel mit Harry Potter weltweit zwischen 1,4 und 2 Milliarden Dollar umgesetzt.


Die Verlage

Grossbritannien
Bloomsbury
8 Millionen à 10 Pfund.
Total: 158,72 Millionen Dollar.

Russland
Rosmen
13,5 Millionen à 2 Dollar.
Total: 27 Millionen Dollar

USA
Scholastic
120 Millionen à 15 Dollar
Total: 1,8 Milliarden Dollar

China
Verschiedene Verlage
8,5 Millionen Dollar à 8 Dollar. Total.
68,5 Millionen Dollar.

Deutschland, Österreich und Schweiz
Der Carlsen Verlag hat 25,2 Millionen deutschsprachige Exemplare à 20 Euro verkauft. Total 510 Millionen Euro. 692,3 Millionen Dollar.

Harry Potter – die Filme

Warner Brothers sicherte sich 1999 die Rechte an den ersten vier Harry-Potter-Bänden und kaufte später die Rechte an den letzten drei. Der Gewinn für Warner Brothers aus den ersten vier Harry-Potter-Filmen liegt bei fast 5 Milliarden Dollar. Tausende von Technikern verdienten zwischen 2001 (Produktionsjahr des ersten Films) und 2010 (dem vermutlichen Produktionsjahr des letzten Films) ihren Lebensunterhalt durch Potter. Einige davon wurden sehr reich.

Harry Potter and the Scorcerer’s Stone
Kinostart: 4. November 2001; Produktionsbudget: 125 Millionen Dollar; Regie: Chris Columbus
Kinoeinnahmen: 976,5 Millionen Dollar
DVD-Einnahmen: 600 Millionen Dollar
TV-Rechte: 600 Millionen Dollar
Total Gewinn*: 1,456 Milliarden Dollar
* Umsatz, minus Produktions.- und Marketingkosten, minus Abgabe an die Kinos, minus Abgabe an die DVD-Verkaufsstellen

Harry Potter and the Chamber of Secrets
Kinostart: 15. November 2002; Produktionsbudget: 100 Millionen Dollar; Regie: Chris Columbus
Kinoeinnahmen: 877 Millionen Dollar
DVD-Einnahmen: 500 Millionen Dollar
TV-Rechte: 500 Millionen Dollar
Total Gewinn: 1,256 Milliarden Dollar

Harry Potter and the Prisoner of Azkaban
Kinostart: 4. Juni 2004; Produktionskosten: 130 Millionen Dollar; Regie: Alfonso Cuaron
Kinoeinnahmen: 790 Millionen Dollar
DVD-Einnahmen: 420 Millionen Dollar
TV-Rechte: 420 Millionen Dollar
Total Gewinn: 1,032 Milliarden Dollar

Harry Potter and the Goblet of Fire
Kinostart: 12. November 2005; Produktionskosten: 150 Millionen Dollar; Regie: Mike Newell
Kinoeinnahmen: 892 Millionen Dollar
DVD-Einnahmen: 500 Millionen Dollar
TV-Rechte: 500 Dollar
Total Gewinn Harry: 1,205 Milliarden

Warner Brothers
Umsatz Kino: 3,536 Milliarden Dollar
Umsatz DVD: 2,020 Milliarden Dollar
Umsatz Fernsehrechte: 2,020 Milliarden Dollar
Total Umsatz der Filme: 7.576
Total Produktionskosten: 505 Millionen Dollar
Total Marketingkosten (in der Regel so viel wie die Produktion): 505 Millionen Dollar
An die Kinos gehen rund 40 Prozent des Umsatzes: 1,01 Milliarden Dollar.
Gewinn an der Kinokasse für Warner Brothers: 1,515 Milliarden Dollar
Gewinn DVD für Warner Brothers: 1,414 Milliarden Dollar
Den DVD-Verkaufstellen bleiben rund 30 Prozent es Umsatzes: 606 Millionen Dollar
Von den Fernsehrechten bleibt alles bei Warner Brother: 2,020 Milliarden Dollar

Gewinn für Warner Brother aus den ersten vier Harry-Potter-Filmen: 4,949 Milliarden Dollar

Die Filmemacher

Chris Columbus, Regisseur
Harry Potter and the Scorcerer’s Stone
Salär: 10 Millionen Dollar
Gewinnbeteiligung: 10 Prozent des Gewinns an der Kinokasse + 15 Prozent des Gewinns DVD + 10 Prozent Gewinn TV-Rechte: 166,6 Millionen Dollar
Harry Potter and the Chamber of Secrets
Salär: 10 Millionen Dollar
Gewinnbeteiligung: 143.1 Millionen Dollar
Total Chris Columbus: 329,7 Millionen Dollar
Davon erhält sein Agent 32,97 Millionen

Alfonso Cuaron, Regisseur
Harry Poter and the Prisoner of Azkaban
Salär: 1 Million Dollar
Gewinnbeteiligung: 5 Prozent des Gewinns an der Kinokasse + 10 Prozent des Gewinns DVD + 5 Prozent Gewinn TV-Rechte: 66,3 Millionen Dollar
Total Alfonso Cuaron: 67,3 Millionen Dollar
Davon erhält sein Agent 6,7 Millionen Dollar

Mike Newell, Regisseur
Harry Potter and the Goblet of Fire
Salär: 1 Million Dollar
Gewinnbeteiligung: 5 Prozent des Gewinns an der Kinokasse + 10 Prozent des Gewinns DVD + 5 Prozent Gewinn TV-Rechte: 77,76 Millionen Dollar
Total Mike Newell: 78,76 Millionen Dollar
Davon erhält sein Agent 7,88 Millionen Dollar

David Yates, Regisseur
Harry Potter and the Order of the Phoenix
Salär: 5 Millionen Dollar.

Daniel Radcliffe, Schauspieler (Harry Potter)
Honorar
Harry Potter and the Scorcerer’s Stone: 250’000 Dollar
Harry Potter and the Chamber of Secrets: 3 Millionen Dollar
Harry Potter and the Prisoner of Azkaban: 6 Millionen Dollar
Harry Potter and the Goblet of Fire: 11 Millionen Dollar
Harry Potter and the Order of the Phoenix: 14 Millionen Dollar
Total Salär: 34,25 Millionen Dollar
Gewinnbeteiligung 1 Prozent Gewinn DVD, Kino + Fernsehen: 52,02 Millionen Dollar
Total Daniel Radcliffe: 86,27 Millionen Dollar
Davon erhält sein Agent 8,63 Millionen Dollar

Kinoeinnahmen Schweiz

Harry Potter and the Scorcerer’s Stone
Besucher: 1’053’665 à 13 Franken. Total: 13,7 Millionen Franken

Harry Potter and the Chamber of Secrets
862’462 Besucher à 13.5 Franken. Total 11,6 Millionen Franken

Harry Potter and the Prisoner of Azkaban
609’033 Besucher à 14 Franken. Total: 8,5 Millionen Franken.

Harry Potter and the Goblet of Fire
694’165 Besucher à 14,5 Franken. Total: 10,1 Millionen Franken

Total Kinoeinnahmen Schweiz: 43,9 Millionen Franken
Davon gehen an die Schweizer Kinobetreiber: 21, 95 Millionen Franken

Total DVD-Einnahmen Schweiz (57 Prozent der Kinoeinnahmen): 25,02 Millionen Franken

Davon gehen an die Video-Verkaufsstellen: 7,5 Millionen Franken.

Alles für die Hardcore-Potter-Fans: Merchandising

Es sind 400 verschiedene Harry-Potter-Merchandising-Artikel im Verkauf, einschliesslich sieben Briefmarken der britischen Post. Pro Film wird weltweit Harry-Potter-Merchandising im Wert von 2,8 Milliarden Dollar verkauft, schätzt die Markenagentur Interbrand. Das heisst, dass bisher für rund 11 Milliarden Dollar Merchandising-Artikel mit dem Harry-Potter-Blitz-Logo verkauft wurden. Gemäss dem Rechtsprofessor und Filmrechtespezialist Jon Garon ist der mit Merchandising erzielte Gewinn meist doppelt so hoch wie der Gewinn aus Film, DVD- und Fernsehrechten. Demnach dürfte bisher ein Gewinn von mehreren Milliarden Dollar mit Harry-Potter-Merchandising erwirtschaftet worden sein. Zu den umsatzstärksten Anbietern gehören der Spielzeughersteller Mattel und der Videogame-Verlag EA Games.

Wie der Rubel in Zukunft rollen wird

Der siebte und letzte Harry-Potter-Film gelangt wohl gegen Ende 2010 in die Kinos. Bis dahin dürfte Autorin Joanne Rowling nochmals rund 600 Millionen Dollar mit Büchern, Film- und Merchandising-Rechten verdienen. Da die Manie um den Zauberlehrling wieder zunimmt, dürfte Warner Brothers an der Kinokasse sowie mit den Film- und DVD-Verkäufen einen Umsatz von über 6 Milliarden Dollar erzielen. Reich werden dürfte insbesondere der englische Regisseur David Yates, der den fünften und sechsten Kinostreifen inszeniert. Nochmals rund zehn Milliarden dürften bis 2010 mit Merchandising umgesetzt werden. Ein Jahr zuvor soll zudem der Themenpark in Orlando/Florida eingeweiht werden. Die geplanten Baukosten liegen bei 265 Millionen Dollar.