Viehtransport der modernen Art

Hebt der Ölpreis nicht ab, wird das Flugjahr 2006 in den Staaten zum Knüller - zumindest für die Airlines. Für die Passagiere aber kommts knüppeldick.

Von Peter Hossli

Fliegen in Amerika macht Spass, solange die Kreditkarte gültig ist. Wer mit der Delta-Tochter Song von Los Angeles nach New York fliegt, zahlt für den Tunfisch-Salat acht Dollar und für das trockene Sandwich fünf. Über den Bildschirm flimmern Spielfilme, für je fünf Dollar. Nur Mineralwasser gibts gratis – aber nicht mehr lange.

Denn Sparen ist Pflicht bei jener Industrie, die 2005 einen Verlust von 10 Milliarden Dollar erlitt, während die Airlines in Europa Gewinn machten. Für 2006 sind immer noch 6,5 Milliarden Verlust budgetiert. Reisende, die frieren, fragen vergeblich nach Wolldecken oder Kissen. Derzeit werden ihre Flieger auf Kosten der Beinfreiheit mit mehr Stühlen ausgerüstet. Zeitungen oder Magazine, die ein freundlich lächelnder Steward verteilt? Passé. Die Wartungsarbeiten übernehmen nun vermehrt Mechaniker in Mittelamerika, was ebenfalls Kosten spart.

US-Airlines fliegen weniger häufig, dafür voller. Die Sitzkapazität sinkt heuer um 5 Prozent, wobei United das Angebot um 24 Prozent beschneidet. Die Auslastung liegt bei 80 Prozent. Das treibt die Preise an. «Die Airline-Industrie ist endlich daran, sich zu erholen», sagt Analyst Jamie Baker von J. P. Morgan. Er wagt es, für einzelne Airlines Gewinn bringende Quartale zu prophezeien, so für American, Continental oder Southwest, weil sie auch vermehrt profitablere internationale Flüge anbieten.

Die US-Fluggesellschaften haben sich nicht zuletzt dank Chapter 11 aufgefangen, dem Verfahren, mit dem sich zahlungsschwache US-Firmen ihrer Schulden entledigen können. Nicht weniger als sieben Airlines verhandeln derzeit vor dem Konkursgericht. Nun steht United Airlines mit einer schwarzen Null und mit einer gefüllten Kasse von 3 Milliarden Dollar da. Der Aktienkurs der einst bankrotten US Airways schnellte in den letzten vier Monaten von 19 auf 29 Dollar hoch.

Ein willkommener Bankrott für den Neustart

Delta, Northwest und United nutzen das Chapter-11-Verfahren, um Pensionskassenverpflichtungen an die staatliche Rückversicherung zu übertragen. Northwest hofft, per Konkursgericht die Löhne der Piloten und Flugbegleiter um 1,4 Milliarden Dollar zu kappen. Auch American und Continental könnten Bankrott erklären, um die Löhne weiter zu drücken.

Die Gefahren für die Branche bleiben. So beabsichtigt Milliardär Richard Branson, demnächst die Billigfluglinie Virgin America zu lancieren. Die zusätzliche Konkurrenz dürfte die Preise wieder drücken. Hinzu kommt der nach wie vor hohe Ölpreis. Zwar senkte American seit 2001 jährlich die Kosten pro Flugmeile. Aber das stetig teurer werdende Kerosin verminderte die Gewinne. Southwest Airlines schrieb im letzten Quartal 2005 nur deshalb schwarze Zahlen, weil sie sich Kerosin zu günstigen Bedingungen auf Termin erworben hatte. United erwartet für 2006 einen Gewinn, kalkuliert bei einem Ölpreis von 50 Dollar pro Fass. Derzeit liegt er bei knapp 65 Dollar.