Unter einem guten Stern

Im Film «The Peacemaker» überstehen Mercedes der S-Klasse sogar den Elchtest und rammen böse BMWs.

Von Peter Hossli

Zuerst frontal, dann im Rückwärtsgang rammt ein silberner, fabrikneuer Mercedes einen schwarzen, etwas abgetakelten BMW. Mitten in Wien drängt die schwäbische Edelkarosse, das Gaspedal von US-Schauspieler George Clooney ganz nach unten gedrückt, ein halbes Dutzend dunkler, von russischen Mafiosi gelenkter BMWs der veralteten 3er-Reihe an steinerne Mauern.

Die rasante Verfolgungsjagd ist Action- und Marketing-Höhepunkt in «The Peacemaker», einem amerikanischen Politthriller, der diese Woche in die Kinos gelangt. Automarken entscheiden darin über Fort- oder Untergang der Welt.

Auf Österreichs Strassen liefern sich Daimler-Benz aus Stuttgart und die Bayrischen Motorenwerke aus München, seit Jahrzehnten Erzrivalen unter den Luxusauto-Bauern, allerdings einen ungleichen Kampf: Der US-Held lenkt einen neuen, 279 Pferdestärken starken metallisierten Mercedes der teuren S-Klasse, die dubiosen Bösewichte aus dem Osten fahren ausgemusterte, pechschwarze BMWs.

Verwunderlich ist das schiefe Kräfteverhältnis nicht. BMW war nicht bereit, den Filmemachern in Hollywood leistungsstarke Autos zu stellen. Der Part, den die bayrischen Wagen zu spielen hatten, war den auf positive Darstellungen erpichten Marketingleuten zu negativ. «Wenn unsere Autos von Terroristen gefahren werden», sagt der bei BMW für Product-Placement zuständige Pressemann, «dann müssen die halt auf unsere Mitarbeit verzichten.»

Die Autos der Bayrischen Motorenwerke haben ein Imageproblem. Zwar rüstet BMW den britischen Agenten James Bond auch heuer wieder mit schnellen Flitzern aus. Ansonsten fahren im Kino die Gauner und Halunken, die Russenmafia sowie emotionale Krüppel immer öfter Autos aus dem Freistaat. Jüngste Beispiele: In «The Game» lenkt Schauspieler Michael Douglas als gefühlsarmer und geldgieriger Multimillionär einen BMW der klotzigen 7er-Reihe. Mit einem Cabriolet von BMW rast Schauspielerin Cameron Diaz in der romantischen Komödie «My Best Friend’s Wedding» wie ein wild gewordener Rowdy über die Freeways von Chicago. Im Film, ab Dezember in den Kinos, spielt Diaz das dumme Blondchen.

Ganz anders das Bild von Daimler-Benz, durch die Pannen bei der A-Klasse arg gebeutelter Autobauer. Ihre Wagen stehen in der Gunst Hollywoods. Für ein paar Millionen Dollar setzte Steven Spielberg in «The Lost World: Jurassic Park» Mercedes’ neusten Geländewagen im Kampf gegen Urviecher ein. «The Peacemaker», produziert von Spielbergs Firma DreamWorks, hielten die Stuttgarter für ein «tolles Projekt», sagt Christian Kappel, bei Mercedes für Product-Placement zuständig. Sie zeigten sich spendabel und gaben dem Filmteam mehrere 120 000 Franken teure Mercedes S 420 sowie Transportfahrzeuge und Geländewagen für die Dreharbeiten in Montenegro ab. Bargeld floss angeblich keines.

«Höchst zufrieden» ist Kappel mit dem Film. «Die Sympathieträger sitzen in unserem Fahrzeug», sagt er, «und die ansonsten sperrige S-Klasse sieht unglaublich dynamisch aus.» Für die Haltung von BMW hat Kappel Verständnis. Er hätte ebenso entschieden.

Holzhammerpolitik
«The Peacemaker», Regie: Mimi Leder, mit Nicole Kidman, George Clooney, Armin Müller-Stahl.
Seit dem Mauerfall hat Hollywood ein Problem: Das «Reich des Bösen», der Ostblock, ist verschwunden. Der Fiesling, für spannendes Kino wichtigste Ingredienz, entspringt nicht mehr der Realität. Darunter besonders zu leiden haben politische Thriller. Abhilfe schafft, wer ordentlich schustern kann. Bosnier, die sich von der Welt vergessen fühlen, entwenden im ersten Film des neuen Hollywood-Studios DreamWorks atomare Sprengköpfe der russischen Armee. In New York sollen sie gezündet werden. Regisseurin Mimi Leder inszenierte die zwar abstruse, aber stets spannend erzählte Story rasant. Mit dem kantigen wie sanften Mimen George Clooney hat sie zudem einen Hauptdarsteller, dessen erotische Leinwandpräsenz die Holzhammerpolitik des Drehbuchs vergessen lässt.