“Die Gefahr ist real”

Berns Regierungsrat Hans-Jürg Käser (67) will fremde Minister auftreten lassen, politische Propagandisten aber nicht.

Interview: Peter Hossli

Herr Regierungsrat Käser, sollen ausländische Parlamentarier in der Schweiz Politwerbung für ihr Land betreiben?
Hans-Jürg Käser:
 Nein. Vor allem nicht für ein politisches Thema, das in ihrem Land zur Debatte steht.

Hätten Sie in Bern den Auftritt des  türkischen Aussenministers Mevlüt Cavusoglu ebenfalls abgesagt?
Wir in Bern hätten diesen Besuch sichern können. Es muss in der Schweiz möglich sein, dass ausländische Minister und Staatschefs hier sicher auftreten können. Auftritten von irgendwelchen Politikern hingegen hätte ich nicht zugestimmt.

Ihre Kollegen im Aargau und in Zürich haben sich gegen Auftritte türkischer Politiker gewehrt. Zu Recht?
Ich verstehe ihre Haltung. Sie hatten bestimmt Sicherheitsbedenken.

Das Schweizer Aussendepartement sagt, solche Auftritte müssten in der Schweiz möglich sein. Übergeht der Bund hier die Anliegen der Kantone?
Es ist ein Spannungsfeld. Die Kantone sind keine Verwaltungsbezirke des Bundes. Sie sind Staaten, die verantwortlich sind für die öffentliche Sicherheit. Es gibt aber die übergeordnete Optik des Bundes. Sie besagt, der Besuch eines Ministers oder Staatschefs soll möglich sein. Aus liberaler Sicht befürworte ich das.

Welche Gefahren gehen von einer Absage aus?
Das sieht man jetzt in Holland. Dort hat man die Landung des türkischen Aussenministers untersagt. Das erhitzt die Gemüter und treibt die Spirale der Aufregung weiter. Die türkische Regierung nutzt das zu Propagandazwecken. Sie kann sagen: Schaut, die Europäer mögen uns nicht – wir müssen unseren Präsidenten weiter stärken.

Völkerrechtlich muss die Schweiz ausländischen Regierungsmitgliedern Schutz garantieren. Wer wäre beim Auftritt des türkischen Aussenministers verantwortlich – der Bund oder der Kanton?
Primär ist derjenige Kanton zuständig, in dem der Besuch stattfindet. Wir in Bern arbeiten aber immer eng mit der Bundespolizei zusammen. Der Bundesrat sprach seine Entscheidung bestimmt mit ihr ab.

Wer bezahlt den Schutz eines solchen Auftritts?
Die Kantone. Da Bern die Bundesstadt ist und besonders viele Minister empfängt, werden gewisse Leistungen vom Bund finanziert.

Wie gefährlich ist die Infiltration durch türkische Spitzel in der Schweiz?
Der Nachrichtendienst des Bundes schaut genau hin, ebenso der Staatsschutz. Die Gefahr ist real.

Und was bedeutet das für die Polizei?
Es kann wie letztes Jahr in Bern zu gewalttätigen Kundgebungen kommen, bei denen Pro-AKP-Personen auf Kurden treffen. Es ist eine schlimme Entwicklung, wenn rivalisierende ausländische Gruppen in der Schweiz ihre Konflikte austragen.

FDP-Politiker Hans-Jürg Käser (67) ist Berner Regierungsrat und steht der Polizei- und Militärdirektion vor. Seit 2012 präsidiert er die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren.