Trumps letzte Hürde

Heute wählen die US-Wahlmänner den Präsidenten … aber Hillary wirds trotzdem nicht

Von Peter Hossli

Heute wird der 45. amerikanische Präsident gewählt. Sie haben richtig gelesen: Amerika wählt heute seinen nächsten Staatschef.

Nein, die 231 Millionen stimmberechtigten US-Bürger müssen nicht erneut an die Urne. Es wählen 538 Elektoren. Diese Wahlmänner geben ihre Stimme in den Hauptstädten der 50 US-Bundesstaaten sowie im Distric of Columbia ab. Präsident ist, wer die Mehrheit hinter sich hat, also mindestens 270 Elektoren.

Höchstwahrscheinlich ist dies der Republikaner Donald Trump (70). Obwohl seine demokratische Widersacherin Hillary Clinton (69) am 8. November 2,8 Millionen Stimmen mehr holte. Und obwohl fast fünf Millionen Amerikaner eine Petition unterschrieben haben, in der sie die republikanischen Wahlmänner auffordern, sich von Trump abzuwenden.

Die friedliche Weitergabe der Macht war ein zentrales Anliegen der amerikanischen Gründerväter. Sie bauten 1776 etliche Massnahmen in die Verfassung ein, die genau diese Absicht sicherten. So soll das Wahlmännergremium verhindern, dass das Volk populistischen Ideen verfällt und die Macht einem Demagogen abtritt.

Die Anzahl der Elektoren ergibt sich aus 100 Senatoren, 435 Repräsentanten und drei Elektoren für Washington D. C. Verteilt werden die 538 Personen auf die einzelnen Bundesstaaten, proportional zur Einwohnerzahl. Am meisten Elektoren – 55 – hat Kalifornien. Bloss drei entfallen auf bevölkerungsarme Staaten wie Montana, Wyoming oder Vermont.

Gewinnt ein Kandidat einen Staat, erhält er alle Elektoren. So sicherte sich Trump 306 Elektorenstimmen, Clinton blieben 232.
Theoretisch können die Elektoren wählen, wen sie wollen. Jedoch nur einer – der texanische Republikaner Chris Suprun – hat angekündigt, er werde sich von Trump abwenden. Solch abtrünnige Elektoren sind rar. Über 20 000 haben bisher einen Präsidenten gewählt. Nur gerade 157 hielten sich nicht an die Vorgaben, die meisten, weil ihr Kandidat zwischenzeitlich verstorben war.

Bis am 28. Dezember melden die 50 Bundesstaaten das Abstimmungsresultat in Washington. Dort kommt am 6. Januar der Kongress zusammen. Gemeinsam zählen Senatoren und Repräsentanten die Stimmen der Elektoren aus.

Sollte Trump wider Erwarten die 270 Stimmen nicht erhalten, bestimmt das Repräsentantenhaus den Präsidenten. Dort haben die Republikaner die Mehrheit, was für Trump spricht.

Fällt bis am 20. Januar kein Entscheid, wäre der designierte Vizepräsident Mike Pence (57) zwischenzeitlich Regierungschef.
Weit wahrscheinlicher: Am 20. Januar, um 12 Uhr Mittag, lässt sich Donald Trump als amerikanischer Präsident einschwören.