Gerechter, günstiger, schneller

Laufen wegen Anwälten, die gratis Asylsuchende beraten, beim neuen Verfahren die Kosten aus dem Ruder? Im Gegenteil, wie jetzt ein noch geheimer Bericht zeigt.

Von Peter Hossli

Bereits werden wieder die Messer gewetzt. Am 5. Juni stimmt das Schweizer Volk über die nächste umstrittene Vorlage ab: die Asylgesetzrevision, vertreten von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (55). Dagegen hat die SVP das Referendum ergriffen.
Kern der Vorlage: kostenlose Anwälte, die künftig Asylsuchende beraten.

Gegner des Gesetzes geisseln sie als «Gratis-Anwälte», bezahlt aus der klammen Staatskasse.

Befürworter beschwören sie als «Beschleunigungs-Anwälte», die das Verfahren abkürzen und somit Geld sparen würden.

Zweck erfüllt
So weit zur Rhetorik. Nun gibt es dazu Fakten. In zwei Wochen veröffentlicht das Staatssekretariat für Migration (SEM) einen Bericht. Publik wird, wie sich das neue Asylverfahren in einem 20 Monate langen Testbetrieb bewährt hat: im Bundeszentrum auf dem Juch-Areal in Zürich.

SonntagsBlick kennt die Inhalte. Wichtigste Befunde: Das neue Regime war schneller und günstiger, die Rückreisequote höher. Asylbewerber verliessen die Schweiz häufiger während des laufenden Verfahrens. Einige tauchten ab, andere gingen freiwillig und kassierten die Rückreisehilfe.

Zentral im SEM-Bericht: Die kostenlosen Rechtsvertreter erfüllten den erhofften Zweck.
Anwälte erklärten Asylsuchenden den Prozess, und zwar dort, wo diese wohnen. Sie ordneten negative Entscheide nachvollziehbarer ein. Deshalb, so der Bericht, blieben Beschwerden viel eher aus. Es gab weniger formale Fehler, gegen die rekurriert werden konnte.

Kürzere Fristen
Wird das neue Gesetz angenommen, schrumpft beim beschleunigten Asylverfahren die Beschwerdefrist – von dreissig auf noch sieben Arbeitstage. Eine derart kurze Frist ist nur rechtsstaatlich, wenn einem Asylbewerber ein Jurist zur Seite steht. Wer die Schweiz wenig kennt, die Sprache schlecht spricht, ist kaum in der Lage, seine Rechte ohne juristische Hilfe in so knapper Zeit wahrzunehmen.

Zudem kann, wie der Testbetrieb zeigte, der rechtliche Beistand den Asylsuchenden das degressive System der Rückkehrhilfe erklären. Ihnen sagen, dass es mehr Geld gibt, je früher einer geht. 2000 Franken erhält, wer sein Gesuch vor der ersten Anhörung zurückzieht und die Schweiz verlässt. Tausend Franken kriegt, wer vor dem Entscheid geht. Bloss 500 Franken gibt es, wer die Ablehnung abwartet.

Die Einsparungen des neuen Verfahrens sollen beachtlich sein, haben Wirtschaftsprüfer von McKinsey errechnet. Jährlich könne die öffentliche Hand 110 Millionen Franken sparen, heisst es aus der Verwaltung. Allerdings sind anfängliche Investi­tionen nötig. So müssen die Asylzentren baulich angepasst werden, um das gesamte Verfahren unter demselben Dach abzuwickeln. Der Break-even sei nach sechs bis sieben Jahren erreicht, trotz Anwaltskosten.

Sparen werde der Bund, da das Verfahren kürzer sei und Asylbewerber weniger lange untergebracht werden müssten. Bei positiven Entscheiden sei es rascher möglich, Personen zu integ­rieren. Was wiederum die Ausgaben der Sozialhilfe schmälern würde.