Schicksalstage in Griechenland

Heute stimmen die Griechen über ihre Zukunft ab. Die Fakten – und zwei Meinungen.

Von Peter Hossli und Martina Wacker

greece• Abstimmung Heute dürfen 9,7 Millionen Griechen entscheiden, ob sie zusätz­liche Sparmassnahmen
akzeptieren. Mindestens 40 Prozent müssen abstimmen. Sagt die Mehrheit Ja, fliessen weitere Hilfen.

• Resultate Die Urnen sind bis 18 Uhr geöffnet. Erste verlässliche Hochrechnungen folgen heute ab 20 Uhr.

• Rücktritt Finanzminister Yanis Varoufakis (54) will bei einer Annahme des Referendums zurücktreten.

• Neuwahlen Bei einem Ja dürfte auch Premier Alexis Tsipras (40) sein Amt niederlegen; Neuwahlen wären nötig. Ein Nein würde ihn stärken.

• Kreditstopp Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijssel­bloem (49) sagt, eine Nein-Mehrheit mache ein neues Hilfspaket für Griechenland «sehr schwierig». Das Land habe dann «wohl keinen Platz mehr in der Eurozone».

• Knapp Umfragen deuten auf ein knappes Resultat hin. 41,7 Prozent seien für ein Ja, 41,1 Prozent für ein Nein, ermittelte das Institut Alco für die Zeitung «Protothema».

• Almosen Bisher hat Griechenland von Europa und ­Internationalem Währungsfonds (IWF) 216 Milliarden Euro Hilfsgelder erhalten, ein Ende ist nicht in Sicht: Nach Einschätzung des IWF braucht das Land bis 2018 weitere 50 Milliarden Euro.

• Enteignung Zeitungen berichten, dass griechische Banken 30 Prozent der Spareinlagen über 8000 Euro einziehen wollen.

Anwalt und Banker: Zwei Griechen über das historische Referendum

Marios Kaitsas (35) ist Anwalt in Athen.
«Von der heutigen Abstimmung profitieren zwei Männer: der deutsche ­Finanzminister Wolfgang Schäuble und der griechische Premier Alexis Tsip­ras. Gibt es ein Ja, kann Tsipras als Märtyrer abtreten – und in ein paar Jahren wieder kandidieren; Schäuble hat, was er will. Bei einem Nein ist Tsipras der Sieger und Schäuble die Griechen los.»

Anastassios Frangulidis (46) ist Chefökonom der Zürcher Kantonalbank.
«Egal, ob es zu einem Ja oder Nein kommt: In beiden Fällen werden sich die EU-Geldgeber mit den Griechen an den Verhandlungstisch setzen. Bei ­einem Nein dürften die ­Gespräche aber deutlich zäher werden. Dann steigt das Risiko, dass die ­Verhandlungen scheitern und der Grexit folgt.»