Die Stimme Afrikas

Ihr ganzes Leben schrieb sie gegen die Apartheid an. Mit Nelson Mandela ist sie eng befreundet. Literaturnobelpreisträgerin Nadine Gordimer über Brot, Spiele und den aufkeimenden Rassismus in Südafrika.

Interview: Peter Hossli

gordimer_1Sachte öffnet der kräftige Haushälter die Tür des weissen Holzhauses. Es steht in einer ruhigen Strasse in Johannesburg. «Frau Gordimer ist gleich so weit», sagt er und führt am weimaraner Jagdhund vorbei ins Lesezimmer mit Sofa, Stuhl und Nierentisch. An den Wänden stehen in Glasschränken Hunderte von Büchern. «Hallo», grüsst Nadine Gordimer, 86, und stellt ein Tab­lett mit zwei Porzellantassen und einer weissen Kanne auf den Tisch. «Wie trinken Sie den Tee? Stark? Milch und Zucker?» «Schwarz, bitte.»

Die zierliche Frau trägt Kordhose und Pullover. Sie ist die Stimme Afrikas. Seit 70 Jahren fabuliert Gordimer ironisch übers Leben auf dem Schwarzen Kontinent. Mit 15 publizierte sie die erste von vielen Kurzgeschichten. Es folgten elf Romane und etliche Essays. Zur Welt kam sie in der Nähe von Johannesburg als Tochter eines Litauers und einer Engländerin. In den 50er-Jahren – die Apartheid wurde in Südafrika 1948 gesetztlich verankert – begann sie an der Seite der Schwarzen gegen die Rassentrennung zu kämpfen und anzuschreiben. Als Nelson Mandela 1990 nach 27 Jahren Haft entlassen wurde, war Gordimer eine der ersten Personen, die er traf. Ein Jahr später erhielt sie den Literaturnobelpreis. Nun giesst sie Tee auf und setzt sich aufs Sofa.

peter_hossli_nadine_gordimerMadame Gordimer, auf welcher Position spielten Sie Fussball, als sie jung waren?
Nadine Gordimer: Wie kommen Sie darauf, dass ich überhaupt jemals Fussball gespielt habe? Ich war ein Mädchen und wuchs ohne Brüder auf. Zu Fussball habe ich keine Beziehung.

Da sind Sie eine Ausnahme. Ganz Südafrika fiebert derzeit der WM entgegen. Welche Bedeutung hat sie für Ihr Land?
Ich will ja keine Spielverderberin sein. Menschen brauchen Brot, und sie brauchen Spiele. Die WM ist der Zirkus. Offen bleibt die Frage des Brotes. Während wir zwei hier reden, streiken in Südafrika Tausende. Sie sind unterbezahlt und müssen schlechte Arbeitsbedingungen ertragen.

Es heisst oft, die Weltmeisterschaft sei für Südafrika fast so wichtig wie das Ende der Apartheid.
Das ist absurd und völlig falsch. Mit der Apartheid endete jahrhundertelanger Rassismus. Der einzige Vorteil dieses Zirkus könnten ausländische Investitionen und somit ein paar Jobs sein. Ob das tatsächlich eintritt, ist höchst ungewiss. Am Schluss stehen wir da wie die Griechen nach den Olympischen Spielen – mit teuren Stadien, die keiner mehr braucht.

soccerJetzt reden Sie einen Grossanlass schlecht, von dem sich ganz Afrika einen wirtschaftlichen Aufschwung erhofft.
Das hoffe ich natürlich auch. Nur glaube ich nicht daran. Es würde mich riesig freuen, wenn ich mich täusche.

Vor zehn Jahren sagte der damalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki, Südafrika sei nach wie vor zweigeteilt – in reiche Weisse und arme Schwarze. Trifft das heute noch immer zu?
Ja – abgesehen von der kleinen schwarzen Mittelklasse. Talentierte und gebildete Schwarze, die unter der Apartheid keine Chance hatten, sind heute überall auf Chefsesseln anzutreffen – im Bergbau, im Handel, im Finanzwesen.

Wer Geld hat, erwirbt Macht und somit Verantwortung. Wie geht die schwarze Mittelklasse damit um?
Einige verantwortungsvoll, viele nicht. Es ist traurig zu sehen, wie die Leute, die ihr Leben für unsere Freiheit riskiert haben, nun nicht genug kriegen. Sie wollen mehr Häuser, mehr Autos. Mehr von allem.

Woher stammt die plötzliche Gier?
Sie kompensieren für das, was sie früher nicht hatten. Lebte einer in einer dreckigen Hütte, möchte er heute in einem anständigen Haus wohnen, ein Auto fahren und saubere Kleider tragen. Das verstehe ich. Aber wer braucht denn vier Mercedes? Drei Villen?

Als 1990 die Apartheid zusammenkrachte, blickte die Welt hoffnungsvoll nach Südafrika. Haben sich zwanzig Jahre später die Hoffnungen erfüllt?
Einige schon. Viele nicht. Wir waren ziemlich naiv, die Schwarzen wie die Weissen. Wenn man gegen so etwas Grandioses ankämpft wie die Apartheid, nimmt sich niemand die Zeit zu überlegen, was nachher kommt. Wir wollten nur eines – die Apartheid abschaffen.

wahlenDas ging ziemlich rasant. Bereits 1994 hielt das Land demokratische Wahlen ab.
Danach feierten wir eine wilde Party, wie in Berlin nach dem Mauerfall. An Probleme, die auf uns zukommen, dachte keiner. Auf jede Party folgt bekanntlich der Kater. Wir sind am Morgen danach mit höllischen Kopfschmerzen aufgewacht. Die sind bis heute geblieben.

Warum schmerzt denn der Kopf noch?
Unser grösstes Problem ist die Arbeitslosigkeit. Das Versprechen, allen ein anständiges Haus mit fliessendem Wasser und Strom zu geben, konnten wir nicht einhalten. Es gibt in Südafrika noch immer viele Menschen ohne anständige Bildung.

Ein Land mit mangelhaftem Bildungssys­tem ist noch nie sehr weit gekommen.
Ihr Europäer versucht seit mehreren Hundert Jahren eine Demokratie einzurichten, die allen ein gerechtes Leben garantiert. Am Ziel angekommen seid Ihr noch nicht. Ihr habt ebenfalls Arme. Die Lücke zu den Reichen wächst weiter. Wir haben erst seit 16 Jahren eine Demokratie. Wie sollten wir in so kurzer Zeit jedem ein Haus, Bildung, einen Job geben? Ihr habt das in all den Jahrhunderten nicht geschafft.

Sie drücken sich vor der Verantwortung.
Ich suche keine Ausreden, ich zeige unsere Realität auf.

Im April wurde der weisse Rassist ­Eugène Terre’Blanche auf seiner Farm erschlagen. Verdächtigt werden ein 15-Jähriger und ein 28-Jähriger. Beide haben die Apartheid nie richtig gekannt …
… halt, halt, halt. Der ältere erlebte acht Jahre Apartheid. Klar, der jüngere entkam dem Regime knapp. Aber die Mütter beider, die Väter, die Grosseltern, alle Menschen um sie herum, litten lebenslang unter der Rassentrennung.

terreDann war der Mord ein später Racheakt?
Von der Apartheid übrig geblieben ist die grosse Armut bei den Schwarzen. Sie ist besonders auf dem Land verbreitet. Dort, wo Afrikaaner wie Terre’Blanche leben. Sie besitzen Farmen und bestellen ihr Land sehr gut. Sie ernähren uns alle. Ihre schwarzen Angestellten aber arbeiten unter miserablen Bedingungen.

Weil sie zu wenig verdienten, ermordeten zwei Angestellte ihren Boss?
Der Mord ist komplex und für Aussenstehende schwierig zu verstehen. Mehr und mehr Schwarze realisieren derzeit, was Terre’Blanche ihnen in all den Jahren angetan hatte. Seine Taten wurden aber nie bestraft. Man muss wissen, wer dieser Mann wirklich war.

Er war ein südafrikanischer Faschist.
Er war ein schrecklicher Mensch und verantwortlich für viel Elend und unzählige Tote. Es beweist doch die Toleranz Südafrikas, dass Terre’Blanche nicht zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. Leute wie er wurden nie angeklagt. Ein Kriegstribunal wie das in Nürnberg hatten wir ebenfalls nicht abgehalten.

Immerhin hatte Südafrika die Wahrheits- und Versöhnungskommission, wo die Opfer und die Täter sich aussprachen.
Was eine sehr gute Sache war. Aber Leute von Terre’Blanches Kaliber stellten sich ihr nie, und sie wurden nie aufgeboten. Nach den Wahlen von 1994 hat er noch 16 Jahre auf seiner Farm geschenkt gekriegt. Man hätte ihn viel früher ermorden können.

Dann heissen Sie den Mord gut?
Er ist ein Symbol für das, was die ganze Bande verdient. Ich bin gegen Gewalt und Mord. Aber ich bin für Gerechtigkeit.

Drohen jetzt neue Gewaltakte zwischen Weissen und Schwarzen?
Terre’Blanches Leute wollen nicht mit uns allen leben, schon gar nicht mit den Schwarzen. Sie wollen sich abspalten und fordern ein Land nur für Weisse. Sie gehen ausgesprochen brutal vor. Nach dem Tod ihres Anführers drohen sie mit Rache und sagen, sie würden schwarze Townships bombardieren und abfackeln.

Nehmen Sie die Drohungen ernst?
Es ist eine kleine Gruppe mit jungen Mitgliedern. Kleine Gruppen sind durchaus in der Lage, Schlimmes anzurichten.

apartheidIhr berühmtester Roman ist «July’s People» von 1981. Darin schildern Sie Südafrika als ein Land, das in Rassen­unruhen und Gewalt versinkt. Warum trat Ihre Prophezeiung nicht ein?
Ich schrieb das Buch, als wir am Abgrund standen. Dass wir nicht abstürzten, haben wir zunächst Mandela zu verdanken. Hinzu kommt der wirtschaftliche Faktor. Die Franzosen unterstützten die Apartheid, ebenso die Briten, die Amerikaner und die Schweizer. Alle ausser den Skandinaviern, die uns halfen, gewährten dem Regime hohe Kredite. Ende der 80er-Jahre erfolgte ein Umdenken. Vor allem US-Banken weigerten sich, die Rückzahlung der Schulden aufzuschieben, sollte es nicht bald zu politischen Reformen kommen.

Dann wäre Südafrika pleitegegangen?
Den Machthabern war klar: Ändern sie sich nicht, verarmen sie und mit ihnen das ganze Land. Das Apartheid-Regime stand mit dem Rücken zur Wand.

Die Schwarzen erduldeten jahrzehntelange Gewalt. Warum sühnten sie nach 1990 die erlittene Brutalität nicht?
Dafür gebührt der schwarzen Bevölkerung reichlich Respekt. Mir ist bis heute nicht klar, warum sie nicht aufgestanden sind und uns allen die Kehle durchgeschnitten haben.

Die Schwarzen haben jetzt die politische Mehrheit, haben sie auch die Macht?
Macht wird in unserer Verfassung geregelt, und wir Südafrikaner haben die beste Verfassung der Welt. Wer Macht hat, muss verantwortungsvoll mit ihr umgehen.

Zuletzt haben jene die Macht, welche die Ressourcen kontrollieren.
Die wirtschaftliche Macht liegt in den Händen der Weissen, von internationalen Weissen. Jetzt erleben wir gerade, wie die Chinesen die wirtschaftliche Macht an sich reissen.

nadine_hundDas Fundament der Apartheid war der Rassismus. Wie hat sich das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiss verändert?
Sie fragen die falsche Person. In meinem erwachsenen Leben habe ich mich nie darauf beschränkt, zu den Weissen zu gehören. Klar, meine Haut ist weiss, aber seit ich ein Teenager bin, habe ich enge Beziehungen zu Schwarzen. Selbst als der ANC verboten war, arbeitete ich mit meinem Mann für die Partei.

Ihr Gatte, der Kunsthändler Reinhold Cassirer, floh 1934 vor den Nazis. Warum sind Sie in Südafrika geblieben?
Mein Mann stammte aus einer reichen einflussreichen Berliner Familie. Der Philosoph Ernst Cassirer war sein Onkel. Reinhold studierte in Heidelberg und an der London School of Economics. Ich brachte mir alles selbst bei. Als es in Südafrika fast unmöglich wurde, mit schwarzen Genossen zusammenzuspannen, wollte mein Mann nach London gehen. Nicht nach Deutschland, denn Deutschland konnte er nie verzeihen. Für mich kam das nicht in Frage. Ich bin nichts anderes als eine Afrikanerin. Wären wir gegangen, hätte ich nichts mehr zur Befreiung Südafrikas beitragen können.

Warum taten Sie es? Sie sind weiss und hätten weit mehr Privilegien gehabt.
Nicht meine Hautfarbe, sondern meine Überzeugungen und Gefühle lehren mich, was es bedeutet, Mensch zu sein. Mein Widerstand hat viel mit dem zu tun, warum ich schreibe.

Warum schreiben Sie?
Schreiben ist ein Versuch herauszufinden, warum wir hier sind, woher wir kommen, wohin wir gehen. Schreiben ist eine ewige Entdeckungsreise. Man kommt nie ans Ziel, aber jede Autorin, jede neue Generation von Autoren kommt der Erklärung ein wenig näher.

gordimer_hossliIst das nicht Aufgabe der Religionen?
Alle Religionen sind ziemlich armselig beim Versuch zu erklären, warum wir hier sind und was mit uns passieren wird.

Sie sind das Kind eines jüdischen Einwanderers aus Litauen. Sind Sie religiös?
Mein Vater ging in die Synagoge, und er fastete am Versöhnungstag, während wir Eier und Schinken assen. Meine Mutter folgte keiner Religion, glaubte aber an Gott. «Tust du was Schlechtes, straft er dich», sagte sie. Ich wuchs mit einer vagen Idee Gottes auf. Schon früh – durch meine Lektüre – wurde ich das, was ich bis heute geblieben bin: eine Atheistin. Aber ich bin Jüdin, das müssen Sie wissen.

Was treibt Sie an?
Ich kann das nicht erklären, das läuft alles unterbewusst. Wer schreibt, hat ein drittes Auge, das alles aufmerksam beobachten will.

Wer Bücher schreibt, will die Welt verändern. Wen wollen Sie verändern?
Ich denke nie daran, für wen ich schreibe. Ein Autor hat ohnehin keinen Einfluss auf das Leseerlebnis. Als Leserin nehme ich mir genau das aus Büchern, was mich auf meiner Entdeckungsreise durchs Leben weiterbringt.

Ihr Werk, für das Sie 1991 den Literatur­nobelpreis erhielten, ist stark geprägt von der südafrikanischen Apartheid. Wie hat deren Ende Ihre Arbeit verändert?
Sie suggerieren, mit dem Ende der Apartheid endete in Südafrika das Leben.

Nein, ich will wissen, wie das Ende der Apartheid Ihr Schaffen prägte.
Ihre Frage unterstellt, wir südafrikanischen Autoren hätten nur über die Apartheid geschrieben. Das taten Propagandisten, wir nicht. Für uns ging eine neue Welt auf. Plötzlich fiel die Zensur weg, gab es Freiheit. In Parks, wo einst nur Weisse hindurften, küssten schwarze Frauen nun weisse Männer. Südafrika näherte sich der Welt an – was ein Schock für uns Autoren war.

Was bedeutet es denn heute, Südafrikanerin zu sein?
Sie werden von allen eine andere Antwort kriegen.

Was bedeutet es für Sie?
Südafrika ist meine Heimat – obwohl ich eine Weltbürgerin bin. Ich finde es schrecklich, kulturell nur an ein einziges Land gebunden zu sein.

boon_gunjpgIn Europa kursieren zwei Sichtweisen zum neuen Südafrika: Jene vom wirtschaftlichen Erfolg, jene von roher Gewalt. Welche stimmt?
Es klafft eine riesige Lücke zwischen den extrem Armen und den richtig Reichen. Wer keinen Job hat, wem die Ausbildung fehlt, um eine der wenigen freien Stellen zu besetzen, wird wohl eher kriminell.

Kriminell ist ein ziemlich harmloses Wort. Jeden Tag werden in Südafrika 50 Menschen getötet. Das Land hat die höchste Mordrate der Welt.
Es ist eine Zahl, die ich nicht bestätigen kann. Durch was sterben sie? Viele sterben wegen Aids, nicht durch Gewaltverbrechen.

Eine andere Statistik ist schockierender. Täglich werden 140 Vergewaltigungen gemeldet. Die Dunkelziffer ist sicher höher. Woher rührt die sexuelle Gewalt?
Die Frage beschäftigt mich, und sie macht mich sehr betroffen. Eine klare Antwort gibt es nicht. Zwar kommen Vergewaltigungen in allen Klassen vor. Hier in Südafrika steht sie oft in Verbindung mit den untersten Schichten. Sie wohnen nicht in Häusern, wo Eltern und Kinder getrennt schlafen. Der Onkel, der Vater, die Mutter, die Liebhaberin, die Tochter teilen sich in Barackensiedlungen einen einzigen Raum. Sexueller Umgang vermischt sich hier mit sozialem Umgang. Kinder erleben Dinge, die sie noch nicht sehen sollten.

Südafrika hat die höchste Aids-Rate der Welt …
… ich glaube, andere Länder fälschen die Aids-Statistiken. Wir sind wenigstens ehrlich.

Mehr als zwanzig Prozent der Bevölkerung soll mit HIV infiziert sein. Kriegt Südafrika Aids jemals in den Griff?
Ich bin eine realistische Optimistin. Ich mache mir nichts vor, was in diesem Land noch immer schiefläuft. Aber wer die Apartheid und mit ihr 300 Jahre rassistische Unterdrückung überwinden kann, der kann alles schaffen. Ich traue Südafrika viel zu.

Warum verbreitet sich Aids so schnell?
Wer arm ist, kann sich nicht mal Wein oder Kaffee leisten. Die einzige Befriedigung, die nichts kostet, ist Sex. Kriegst du keinen Sex, nimmst du ihn dir halt. Es ist die einzige Freude. Diese Erklärung mag schockierend primitiv sein. Aber sie ist wahr.

Nelson Mandela wird vorgeworfen, er hätte die Aids-Epidemie zu wenig aggressiv bekämpft.
Das ist falsch. Als Mandela regierte, war Aids noch kein globales Problem. Alle glaubten, nur Homosexuelle und sehr promiskuitive Menschen würden daran erkranken. Mandela hatte viele andere Aufgaben zu lösen.

Der derzeitige Präsident Jacob Zuma wurde gewählt, obwohl er zugab,bewusst ohne Kondom mit einer HIV-positiven Frauen geschlafen zu haben.
Das war ein schreckliches Zeichen für unsere Anstrengungen, die Verbreitung von Aids zu stoppen. Er sagte ja noch, die Dusche danach hätte ihn von der Ansteckung bewahrt.

Warum wurde er trotzdem gewählt?
Das fragen sich alle. Er wird auch der Korruption und illegalen Waffenhandels bezichtigt.

Was halten Sie von Präsident Zuma?
Ich bin sehr, sehr verstört, dass solch ein Mann meine Partei anführt und Präsident von Südafrika geworden ist.

Sie sind eng befreundet mit Nelson Mandela. Wie geht es ihm?
Seine Freunde versuchen, ihn in Ruhe zu lassen. Ständig kommt jemand zu mir und sagt, er müsste Mandela treffen. Da helfe ich nicht, sondern respektiere seine Privatsphäre.

Ich möchte nur wissen, wie es ihm geht.
Er wird bald 92 Jahre alt. Er hat grosse Prob­leme mit seinen Beinen und leidet altersbedingt an Gedächtnisverlust. Sein Humor ist aber frisch geblieben. Gerne umgibt er sich mit Freunden.

Warum ist es ihm 1990 gelungen, das drohende Chaos zu verhindern?
Nelson Mandela ist ein Mann des Friedens. Nie schrie er seinen Gegnern ins Gesicht, dass er sie besiegt hatte. Er wollte, dass alle Südafrikaner gemeinsam gewinnen.

27 Jahre lang sass er hinter Gittern. Warum rächte er sich nie dafür?
Mandela kennt keine Rachegelüste. Für ihn wäre Rache ein Schritt zurück gewesen. Er fragt sich in jeder Situation, wie es nun weitergehen soll. Als er im Gefängnis war, sah er sich nie als Gefangener, sondern als Teil von uns. Ständig ermutigte er uns mit Botschaften.

Freut sich Mandela auf die WM?
Sehr, er ist ja ein Sportfan.

Er nutzte 1995 den WM-Titel der südafrikanischen Rugby-Mannschaft, um das Land zu einen. Wie wichtig ist der Erfolg der Fussball-Nationalmannschaft?
Was macht Sie so sicher, dass der Rugby-Erfolg das Land vereinte?

Ein neuer Mandela-Film von Clint Eastwood und Darstellungen im Apartheid-Museum vertreten diese These.
1995 hatten wir eben erst angefangen, für alle Häuser zu errichten. Der Rugby-Titel war okay, ein hübscher Zirkus, sicher, der uns eine Weile vom mangelnden Brot ablenkte. Wie kann man aber loyal zu seinem Land sein, wenn das Land nichts für einen selbst tut?

Unterstützen Sie das südafrikanische Team an der Fussball-WM?
Ich bin eine Patriotin, allerdings hängt mein Patriotismus nicht von einem Spiel ab. Ich möchte Reales sehen, ich will die 500 000 neuen Jobs, die Zuma versprochen hat. Ich werde stolz auf Südafrika sein, sobald wir die Dinge erreichen, die wir vernachlässigt haben.