Von Peter Hossli (Text) und Bruno Muff (Illustration)
Bereits mit 18 Jahren war er vermögend. Jetzt, 36-jährig, ist er zudem erfolgreich, hat eine intakte Familie, gilt weitherum als höflich. Was alles nicht selbstverständlich ist. Vor Philippe Jacobs ist schon mancher an geerbtem Geld zerbrochen. «Der Anspruch, etwas mit meinem Leben zu machen, wurde mir in die Wiege gelegt», sagt er am Telefon.
Jacobs meldet sich aus London, redet öffentlich, weil er diese Woche für Schlagzeilen sorgte. Seine Investmentfirma Telemos Capital kaufte das Aargauer Outdoor-Unternehmen Mammut. Die in Zürich domizilierte und von ihm mitgeführte Jacobs Holding stiess für 1,1 Milliarden Franken 10 Prozent am Schokoladenhersteller Barry Callebaut ab. Es ist eines der vielen grossen Unternehmen, die sein Vater Klaus gegründet hat.
Sein Vermächtnis hallt nach. «Er hat uns nie verwöhnt», erzählt der Sohn. Klaus Jacobs kam 1936 in Bremen zur Welt, erlebte eine Kindheit in Angst vor Bomben der Alliierten. Er zog 1973 in die Schweiz und baute drei Weltkonzerne auf: den Personalvermittler Adecco, den Kaffeekonzern Jacobs Suchard und eben Barry Callebaut. Aus eigener Kraft erwirtschaftete er ein Milliardenvermögen. «Seine norddeutsche Art war sehr streng», erinnert sich Philippe, der oft «Nein» und selten «Ja» hörte. Die Eltern wollten aus ihren Kindern bodenständige Menschen formen. Vor seinem Tod 2008 bündelte Klaus Jacobs die Konzerne in der Jacobs Holding und übertrug die Kontrolle seinen sechs Kindern und seiner zweiten Frau. Sämtliche Gewinne fliessen in eine Stiftung.
Philippe gilt als der besonnene Spross. Er scheut die Öffentlichkeit und sagte schon als junger Mann, er wolle eigenen unternehmerischen Erfolg haben, statt sich in gemachte Nester zu setzen. Kindheit und Jugend verbrachte er in Küsnacht, studierte in St. Gallen Betriebswirtschaft, bildete sich in London und Schanghai weiter. In China lernte er, «dass man sich bei Geschäften lokalen Gegebenheiten anpasst», wie er sagt.
Als der Vater erkrankte, kehrte er nach Europa zurück, wickelte als Investmentbanker der UBS in London Fusionen und Übernahmen ab. Er blieb an der Themse, weil ihm das internationale Milieu zusagte, die Vielfalt der Menschen und der Gedanken. Vor vier Jahren gründete er dort eine Private-Equity-Firma, die heute elf Personen beschäftigt und Gesellschaften im Wert von 50 bis 200 Millionen Franken erworben hat. «Langfristige Trends» zögen ihn an, sagt Jacobs. Dazu gehören Sexspielzeuge. Vor ein paar Jahren kaufte er die britische Firma Lovehoney, deren Spielsachen vor allem Paare und Frauen ansprechen. Mittlerweile findet man die Produkte in jedem dritten britischen Haushalt. Letzten Herbst übernahm Lovehoney eine Mehrheit an Amorana, dem Schweizer Marktführer für erotisches Spielzeug.
Bei Mammut griff Jacobs zu, «weil Menschen gerne draussen sind, um sich dort fit zu halten». Die Marke sei gut, «eine Ikone», wie er sagt, das Unternehmen trotz Pandemie robust. Am bisherigen Management hält er fest. Sei das Virus besiegt, entfalte sich bei Mammut «grosses Wachstumspotenzial».
Geld allein treibe ihn aber nicht an, betont Jacobs. Er wolle «neue Felder erschliessen», etwa mit privaten Krebs- und Augenkliniken. Doch reicht das, um aus dem langen Schatten des Übervaters zu treten? «Mein Vater war ein Vollblutunternehmer», sagt er. Einer, der seine Unternehmen stets operativ führen wollte. «Ich hingegen bin ein unternehmerischer Investor», grenzt er sich ab. Er erwirbt zukunftsträchtige Firmen, stellt für sie passende Teams zusammen, vergütet sie angemessen, damit sie erfolgreich sein können.
Er will keine Jacht am Mittelmeer. Den grossen Teil seines Vermögens werde er weitergeben – an die Gesellschaft und nicht an seine heute zwei- und vierjährigen Kinder. «Ich hatte Glück, in dieser Familie geboren zu werden. Das verlangt von mir Verantwortung.» Er werde anderen helfen, ebenfalls erfolgreich zu werden. Für sich selber definiert er Erfolg eher selbstlos: «Ich will ein guter Vater sein, ein Mentor für die Kinder und Zeit haben für die Familie.»
Warum hat die Familie jetzt viele Aktien von Barry Callebaut abgestossen? Der Kurs sei enorm gestiegen, man nehme Gewinne mit. Der Erlös werde reinvestiert. Derzeit besitzt die Jacobs Holding neben dem Schokoladefabrikanten noch Zahnarztpraxen und Privatschulen. Mit 1,1 Milliarden Franken setze die Holding ein viertes Standbein. Was wird es sein? «Wir schauen uns um.»