Von Peter Hossli
Rückt die Welt weiter nach rechts? Übernehmen noch mehr Populisten das Zepter der Macht? Und geht somit der Aufstand der Wutbürger weiter?
Oder schreckt ab, wie Amerikas populistischer Präsident Donald Trump (70) sein Land regiert?
Etliche Wahlen werden im Laufe des Jahres diese Fragen klären. Die beiden grossen Nachbarländer der Schweiz, Frankreich und Deutschland, bestellen ihre Regierungen neu. Holland könnte einen Populisten wählen, der aus der EU austreten möchte.
Doch nicht nur Urnengänge in Europa betreffen die Schweiz. So stellt sich der iranische Präsident der Wiederwahl, das Politbüro Chinas wird neu bestellt. Mit Indien wählt die grösste Demokratie der Welt einen neuen Präsidenten.
Deutschland: Frühling und Herbst
Wie stark wird in Deutschland die populistische AfD? Kann sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (62) trotz oder wegen ihrer Flüchtlingspolitik halten? Führt SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz (61) die Linke zurück ins Kanzleramt? Erste Antworten liefern drei Tests im Frühling. Das Saarland wählt am 26. März den Landtag, in Schleswig-Holstein stehen Wahlen am 7. Mai an. Wegweisender dürfte die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (14. Mai) sein, dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Obwohl Schulz die SPD beflügelt, verliert sie gemäss Umfragen. Merkels CDU legt zu. Spannend wird das Abschneiden der FDP in Nordrhein-Westfalen. Sie tritt dort mit Parteichef Christian Lindner (38) an, der am 24. September bei den Bundestagswahlen die FDP zurück ins nationale Parlament führen möchte.
Frankreich: 23. April und 7. Mai
Marschiert die Rechtspopulistin Marine Le Pen (48) in den Élysée-Palast? Wird sie erste Präsidentin der «Grande Nation»? Sie politisiert in Frankreich wie Trump in Amerika. Le Pen wettert gegen Eliten, für Frankreich und gegen die EU. Gemäss neusten Umfragen holt Le Pen im ersten Wahlgang rund 27 Prozent der Stimmen. Auf den ehemaligen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron (39) von der sozialliberalen Bewegung «En Marche!» entfallen 20 Prozent. Knapp weniger dürfte der konservative Ex-Premierminister François Fillon (62) erhalten. In der Stichwahl, die am 7. Mai stattfindet, würde Macron gemäss Umfragen 58 Prozent holen, Le Pen aber nur 42 Prozent. Allerdings schrumpft Macrons Vorsprung. Die Buchmacher erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Holland: 15. März
Es würde ihn «sehr glücklich machen, nach dem Brexit einen Nexit zu sehen», so Geert Wilders (53) zu BLICK. Der Vorsitzende der rechtspopulistischen niederländischen Partei für die Freiheit (PVV ) will die Niederlande aus der EU führen. Somit werden die Parlamentswahlen zum EU-Referendum. Wilders verspricht, den Koran zu verbieten und Moscheen zu schliessen. Holland soll zudem den Euro aufgeben. Wilders Chancen stehen gut. Er liegt in Umfragen vorne. Zuletzt legte er nochmals zu. Vermutlich wird die PVV die stärkste Partei. Zu einer Mehrheit dürfte es aber kaum reichen. Eine grosse Koalition der unterliegenden Parteien unter Führung von Premierminister Mark Rutte (50) scheint realistisch. Somit wäre Holland ein labiler Partner innerhalb der EU.
China: Oktober oder November
China ist keine Demokratie. Die Macht teilt die Kommunistische Partei unter ihren Genossen auf. Das Land führt sie wie einen Konzern. Entweder im Oktober oder im November hält die Partei den 19. Nationalen Kongress ab. Gewählt werden Generalsekretariat, das Politbüro, die zentrale Militärkommission – und der ständige Ausschuss des Politbüros. Er gilt als einflussreichste Körperschaft Chinas. Wie genau er funktioniert, ist im Westen kaum bekannt. Er besteht aus fünf bis neun Personen. Mächtigster Mann des Landes ist Xi Jinping (63). Er leitet den Ausschuss, ist Generalsekretär, Vorsitzender der Militärkommission und seit 2013 chinesischer Staatspräsident. Der Kongress wird zeigen, ob Xi seine Macht zementieren kann. Derzeit spricht nichts dagegen.
Indien: vor dem 25. Juli
Die grösste Demokratie der Welt wählt zum 15. Mal seit der Unabhängigkeit einen Präsidenten. Ein fixer Termin steht noch nicht fest. Die Verfassung verlangt aber, dass die Wahl vor dem Amtsende des amtierenden Staatspräsidenten Pranab Mukherjee (81) am 25. Juli abgehalten wird. Wählen werden über 820 Millionen Menschen.
Eine Wiederwahl von Mukherjee scheint unwahrscheinlich. Seine Kongresspartei ist in den letzten Jahren bei Parlamentswahlen mehrmals der rechtskonservativen Bharatiya Janata Partei (BJP) unterlegen. Noch hat die BJP keinen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen nominiert. Gehandelt werden der ehemalige indische Innenminister Lal Krishna Advani (89) und die amtierende indische Aussenministerin Sushma Swaraj (65).
Iran: 19. Mai
Präsident Hassan Rohani (68) stellt sich der Wiederwahl. Bei jungen Iranern galt der Reformer als Hoffnungsträger. Den Iran würde er zum Westen hin öffnen. Allerdings konnte er in seiner ersten Amtszeit die Erwartungen noch nicht erfüllen. Härtester Gegner dürfte Hardliner Said Dschalili (51) werden. Er folgt der Ideologie des ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad (60). Zudem lehnt er den Atomsperrvertrag mit den USA ab. Gut möglich, dass Iran einen Radikalen wie Dschalili wählt, um US-Präsident Trump die Stirn zu bieten. In Frage käme auch Gholam Ali Haddad-Adel (71). Dessen Tochter hat den Sohn des geistlichen Oberhaupts, Ayatollah Ali Khamenei (77), geheiratet. Khamenei ist als oberster Geistlicher der mächtigste Mann im Land – und der Strippenzieher.
Chile: 19. November
Da die Verfassung nicht zwei Amtszeiten hintereinander vorsieht, tritt die sozialistische Präsidentin Michelle Bachelet (65) ab. In Umfragen liegen der unabhängige Linke Alejandro Guillier (63) und der konservative Milliardär Sebastián Piñera (67) vorne. Piñera war bereits zwischen 2010 und 2014 chilenischer Präsident.
Serbien: 9. April
Serbien wählt einen neuen Präsidenten. Wie erwartet ist letzte Woche Premierminister Aleksandar Vucic (46) ins Rennen gestiegen. Vucic war unter Kriegsverbrecher Slobodan Milosevic (†64) Propagandaminister. Dafür hat er sich entschuldigt. Nun möchte er Serbien in die EU führen. Sein härtester Gegner ist der ehemalige serbische Aussenminister Vuk Jeremic (41).
Norwegen: 11. September
Mit einer schärferen Flüchtlingspolitik versucht Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg (55) an der Macht zu bleiben. Einfach wird das nicht. Sie führt eine Minderheitsregierung aus Konservativen und Fortschrittspartei. Stärkste Partei dürfte die linke Arbeiterpartei bleiben.
Südkorea: 20. Dezember
Südkorea ist ein wichtiger Alliierter des Westens im Osten. Die derzeitige Präsidentin Park Geunhye (65) ist wegen Korruptionsvorwürfen ihres Amtes enthoben. Eigentlich wären Präsidentschaftswahlen für den 20. Dezember angesetzt. Angesichts der Krise sind vorgezogene Wahlen möglich. Tritt Park zurück, müssen sie innerhalb von 60 Tagen angesetzt werden.