Von Peter Hossli
Es ist eine gute Nachricht. Sie betrifft alle 7,39 Milliarden Erdenbürger. Und sie kommt aus der Stadt, die im ablaufenden Jahr so viel Leid erlebt hat: In Paris einigten sich 195 Länder und die EU auf einen Klimavertrag. Erstmals verpflichten sich damit fast alle Staaten der Welt zum Klimaschutz. Das allein ist beachtlich.
Sehen lässt sich das Resultat des rund 20 Seiten umfassenden Vertragswerks. Zentraler Beschluss: Die Erdatmosphäre soll sich gegenüber der Zeit vor der Industrialisierung nicht um mehr als zwei Grad erwärmen. Die Staaten bemühen sich sogar darum, dass sich die Erde nur um 1,5 Grad erwärmt. Um das zu erreichen, passen die Unterzeichner ihre Klimaschutzpläne alle fünf Jahre an. Bis 2025 will die Weltgemeinschaft ein neues Ziel formulieren. Ab 2020 stehen pro Jahr 100 Milliarden Dollar bereit – Klimahilfe für Entwicklungsländer.
Nach 23 Jahren am Ziel
Gestern kurz nach Mittag lag der fertige Vertrag vor, bis am Abend stimmten alle Konferenzteilnehmer zu. 23 Jahre hat die Welt daran gearbeitet. Frankreichs Präsident François Hollande (61) frohlockte: «Der 12. Dezember 2015 kann nicht nur ein historischer Tag sein, sondern ein grosses Datum für die Menschheit.» Denn der Klimawandel verbinde das Schicksal aller. Als «ehrgeizig, ausgewogen und rechtlich bindend» bezeichnete Frankreichs Aussenminister Laurent Fabius (69) das Werk.
Zwar fehlen im Vertrag genaue Richtlinien für fossile Energieträger, obwohl ihre Verbrennung am meisten zur Erwärmung beiträgt. Es ist aber das Ziel, bis 2050 keine Treibhausgase mehr auszustossen. Was faktisch einem Ende fossiler Energie gleichkäme.
Für den WWF Schweiz ist das Pariser Abkommen ein «wichtiger und alles andere als selbstverständlicher Schritt», sagt
Patrick Hofstetter (50), Leiter Klima und Energie beim WWF Schweiz. Er gehört der Schweizer Verhandlungsdelegation in Paris an. Aber, betont Hofstetter, «die Substanz dieses Abkommens ist zu schwach, um gefährlichen Klimawandel zu verhindern». Das Abkommen lenke zwar in die richtige Richtung. «Viele wichtige Punkte wurden jedoch vertagt.» Gemäss WWF kommen Verursacherländer «zu billig weg». Die 100 Milliarden Dollar dürften kaum ausreichen.
Hocherfreut gibt sich der britische Klima-Ökonom Nicholas Stern (69). «Das ist ein historischer Moment nicht nur für uns und unsere Welt heute, sondern auch für unsere Kinder, Enkel und zukünftige Generationen.»
Am 22. April 2016 wollen die Staatschefs den Vertrag in New York unterzeichnen. Dann kann jedes Land mit dem Klimaschutz beginnen. Das Pariser Papier allein reicht nämlich nicht.