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Der Bund leitet das Endspiel im Steuerstreit mit den USA ein. Mit einer Taskforce will er bis zu 2000 Amtshilfegesuche abwickeln. Die Banken zahlen.

Von Peter Hossli

Der Bund stellt sich auf das Ende des Steuerstreits mit den USA ein. Deshalb bereitet das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) eine Taskforce vor. Sie soll die Abwicklung von Hunderten neuer Amtshilfegesuche aus den USA sicherstellen. Das bestätigt ein EFD-Sprecher.

Bereits hat das EFD Dutzende von internationalen Steueranwälten kontaktiert. Sie werden angestellt, sobald erste Gesuche eintreffen. Wobei das EFD zwischen 500 und 2000 Anträge erwartet, wenn das neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Kraft tritt. Bei den meisten dieser Gesuche dürfte es sich um grobe Hinterziehungen handeln. Denn das neue DBA hebt den Unterschied zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung auf.

Die Kosten der Abwicklung trägt grösstenteils der Bund. Sollte eine einzelne Bank besonders viele Fälle haben, stellt das EFD Rechnung. Für die UBS wickelte der Bund rund 4700 Dossiers ab und verlangte 40 Millionen Franken. Pro Steuerhinterzieher entstehen demnach Kosten von 8500 Franken.

Zuversichtlich wirkt das EFD nach der USA-Reise von Vorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf. Dabei war die Stimmung frostig, als US-Justizminister Eric Holder sie vorletzten Freitag kurz vor Mittag in seinem Ministerium in Washington empfing. «Sehr hart» sollen die Verhandlungen gewesen sein, sagt jemand, der dabei war. «Die Amerikaner sind aggressiv eingefahren. Es bereitete anfänglich Mühe, die Diskussion auf eine sachliche Ebene zu bringen.»

Zumal Holder nicht eingesehen habe, dass es lange ein – legales – Geschäftsmodell von Schweizer Banken war, US-Kundengelder am US-Fiskus vorbeizuschleusen.

Die Wogen wurden beim Treffen geglättet. Zuvor herrschte zwei ­Monate Funkstille in Sachen Steuerfragen. Die Schweiz war erzürnt über die Klage gegen die Bank Wegelin zu Beginn des Jahres. Es sei nicht die feine Art, mitten in Verhandlungen einfach zu klagen, soll Widmer-Schlumpf in Washington deutlich gemacht haben.

Holder sicherte ihr Zurückhaltung zu, verlangte von der Schweiz aber eine raschere Gangart.

In drei Bereichen verhandelt Widmer-Schlumpf mit Amerika:

• Die Schweiz will mit den USA ein Regierungsabkommen. Es soll als Grundlage dafür dienen, dass elf Schweizer Banken im Visier der US-Justiz mit den USA einzelne Abkommen schliessen können. Es sind sogenannte Deferred Prosecution Agreements (DPA). Um Strafanzeigen abzuwenden, müssen die Banken die Daten steuersäumiger US-Kunden offenlegen und eine Busse bezahlen. Als Blaupause und Berechnungsgrundlage gilt das DPA, welches die UBS 2009 schloss.

• Die Schweiz peilt mit den USA ein Abkommen oder einen Staatsvertrag an, der alle in der Schweiz ansässigen Banken einschliesst. Bei dieser Globallösung zahlen die rund 300 Schweizer Finanzhäuser eine Pauschale, um ihre Altlasten abzutragen. Der Betrag werde «geringer sein als das, was die elf Banken bezahlen müssen», heisst es.

Seit langem zirkulieren Gerüchte, die USA nähmen weitere Schweizer Banken ins Visier. «Derzeit haben wir darauf keine Hinweise», heisst es aus dem EFD. Pech haben die rund zwei Dutzend Schweizer Banker, die in den USA bereits angezeigt sind. ­Weder Schweizer noch US-Unterhändler sehen für sie eine Lösung vor. Sie könnten sich nur der US-Justiz stellen und bis zu fünf Jahre Haft absitzen. Oder aber sie bleiben lebenslang flüchtig und verlassen die Schweiz nie mehr.

• Zuletzt stellt sich die Schweiz mit der EU, weiteren europäischen Staaten sowie China und Japan gegen das neue US-Gesetz FATCA. Es verlangt, dass weltweit alle Banken Daten von US-Kunden an die USA liefern. Gemeinsam fordern die besagten Länder nun von den USA Reziprozität. Demnach müssten die US-Banken Daten ausländischer Kunden liefern.

Die USA dürften dazu weder imstande noch gewillt sein. Die Schweiz hofft nun, dass sie FATCA abschwächen.

Zuletzt gab sich die Bundespräsidentin kühn. Sie sprach Holder auf das Gefangenenlager Guantá­namo Bay an, Amerikas Schandfleck. Dort inhaftieren die USA seit 2002 potenzielle Terroristen. Die USA schätzten es sehr, dass die Schweiz ehemalige Gefangene aufnimmt, sagt ein EFD-Sprecher.