Der Boss erhebt die Stimme – indem er verstummt

Bruce Springsteen, Amerikas Polit-Rocker, sagt ein Konzert in Greensboro, North Carolina ab – weil dort Transsexuelle diskriminiert werden.

Von Peter Hossli

bruceBruce Springsteen (66) ist der US-Rockstar mit den hehren Werten. Am Sonntag sagte er ein Konzert in Greensboro, North Carolina, ab – weil der US-Staat per Gesetz Transsexuelle benachteiligt.

Springsteen erhebt die Stimme, indem er nicht mehr singt.

Viele würden sich in North Carolina gegen Diskriminierung stemmen. «Mit diesen Freiheitskämpfern solidarisiere ich mich.» Zu seinen enttäuschten Fans sagt er: «Es gibt Wichtigeres als Rockkonzerte.»

Springsteen, im Juli mit der E Street Band in Zürich, ist der politischste Rocker Amerikas. Seine bekannteste Hymne «Born in the U. S. A.» befasste sich 1984 mit einem der dunkelsten Kapitel Amerikas – dem Vietnamkrieg und den vernachlässigten Veteranen. Er sang gegen George W. Bush (69), schimpfte ihn Kriegstreiber. Er rockte für Bill Clinton (69), ging auf Wahlkampftour mit Barack Obama (54) und John Kerry (72).

Er lehnte sich gegen Atomwaffen auf, gierige Banker und die Schande nach dem Hurrikan Katrina 2005. Enttäuscht ihn ein Politiker, bekommt dieser das zu spüren. 2012 liess Springsteen die Gitarre im Schrank – und betrieb keinen Wahlkampf mehr für Obama. In dessen Kabinett seien die Stimmen der Mittel- und der Arbeiterklasse kaum vertreten, klagte The Boss – der Übername des Rockers aus New Jersey. Bei den diesjährigen Vorwahlen hat er sich bisher nicht festgelegt.

41-mal drückten im Februar 1999 vier weisse Polizisten in New York ab. 19 ihrer Patronen durchlöcherten den Körper des afrikanischen Einwanderers Amadou Diallo († 23). Er starb auf der Stelle, hielt ein Portemonnaie in der Hand – keine Knarre. «Ist es eine Waffe? Ist es ein Messer? Ist es eine Brieftasche?», klagte Springsteen im Song «American Skin» die Polizei an. Immerzu sang er den aufwühlenden Refrain: «41 Shots».

Später spendete er mit dem stillen Song «My City of Ruins» allen New Yorkern Trost nach den Terroranschlägen von 9/11. Seine Botschaft: «Come on rise up!» – «Steht wieder auf!»

Springsteen ist nicht der Einzige, der derzeit nicht singt, um etwas zu sagen. So hat der Kanadier Bryan Adams (56) eben ein Konzert im US-Staat Mississippi abgesagt – wegen eines schwulenfeindlichen Gesetzes.