Razzia beim DFB

Der Skandal um die Vergabe des Sommermärchens weitet sich aus. Steuerfahnder durch­suchen Büros und Wohnungen der Funktionäre.

Von Peter Hossli

razziaDer deutsche Fiskus geht gegen den deutschen Fussball vor. Gestern Morgen führten fünfzig Steuerfahnder in Frankfurt beim Deutschen Fussballbund (DFB) eine Razzia durch.

Der Grund: Verdacht auf Steuerhinterziehung, und zwar «in einem besonders schweren Fall», wie die Staatsanwaltschaft von Frankfurt a. Main mitteilt.

Ins Visier geraten sind zentrale Figuren des deutschen Fussballs: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (64) und sein Vorgänger Theo Zwanziger (70). Zudem ermitteln die Anwälte gegen Horst R. Schmidt (73), den ehemaligen Generalsekretär des Deutschen Fussballbundes. Neben den DFB-Büros sind die Wohnungen der drei Verdächtigen durchsucht worden.

Bestechung wäre verjährt
Ins Rollen gebracht hat das Verfahren «Der Spiegel». Das deutsche Nachrichtenmagazin berichtete vor bald drei Wochen über angeblich schwarze Kassen, über die bei der Vergabe der WM 2006 Bestechungsgelder geflossen sein sollen.

Jedoch nicht wegen Betrugs oder Bestechung ermitteln nun die deutschen Ankläger. Diese mutmasslichen Vergehen liegen 15 Jahre zurück – und wären mittlerweile verjährt. Fürchten müssen die Fussball-Funktionäre hingegen den Fiskus. Ermittler wollen konkret wissen, ob im Frühling 2005 eine geleistete Zahlung in der Höhe von 6,7 Millionen Euro für ein Kulturprogramm im Rahmen der WM 2006 «steuermindernd» geltend gemacht wurde. Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Beschuldigten hätten «inhaltlich unrichtige Steuererklärungen» und dadurch die geschuldeten Steuern «in erheblicher Höhe verkürzt», begründete die Staatsanwaltschaft ihre Razzia.

Erhärtet sich der Verdacht, kommt es zu Urteilen, dann drohen den DFB-Managern längere Haftstrafen – zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Es drohen bis zu zehn Jahre Haft
Alles dreht sich um eine dubiose Überweisung. Wohin flossen die 6,7 Millionen Euro? Und warum flossen sie? Die vom «Spiegel» verbreitete Theorie: Im Jahr 2000 soll der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus († 2009) dem DFB 10,3 Millionen Franken geliehen haben. Mit diesem Geld soll sich der DFB nötige Stimmen bei der Vergabe der WM 2006 im Sommer 2000 gekauft haben. Niersbach und der damalige OK-Präsident Franz Beckenbauer (70) sollen informiert gewesen sein. Beckenbauer persönlich soll für das Geld gebürgt haben. Als Louis-Dreyfus im Jahr 2005 sein Darlehen zurückforderte, soll der DFB das Geld über ein Konto der Fifa dem Franzosen zurückgezahlt haben. Niersbach hat bisher diese Darstellung stets zurückgewiesen.

Beckenbauer gab bisher nur zu, es habe «Fehler» gegeben. Sonst schwieg er.