Und die nächste Klage folgt sogleich…

Gegen die UBS-Tochter PaineWebber ist eine Millionen-Sammelklage eingereicht worden - mit guten Erfolgschancen. Gegen die UBS-Tochter PaineWebber ist in Houston eine deftige Sammelklage eingereicht worden. Sie hatte Enron-Aktien zum Kauf empfohlen, als bereits alle Zeichen auf Sturm standen. Die Schadenersatzforderung für die geschädigten Aktionäre beläuft sich auf mehrere hundert Millionen Dollar.

Von Peter Hossli

PaineWebber habe «manipulative und/oder trügerische Taktiken oder Erfindungen angewandt, damit deren Kunden Enron-Aktien kaufen oder behalten», heisst es in der Klageschrift, die CASH vorliegt. Das, obwohl das Unternehmen gewusst habe, dass Enron mit «gewaltigen finanziellen Problemen» gekämpft habe. So lautet die Klageschrift der Houstoner Anwaltskanzlei Bonnie E. Spencer, die am Bundesbezirksgericht in Houston eingereicht wurde. Gehandelt habe UBS PaineWebber aus Eigeninteresse, rügen die Rechtsanwälte. Ihre Strong-Buy-Empfehlung sei publiziert worden, weil das Brokerhaus davon finanziell profitiert hatte. Es habe den klaren Interessenkonflikt zwischen ihren Kunden und Enron nicht korrekt ausgetragen.

Der Finanzberater von PaineWebber, Chung Wu, hatte zwar über 70 Enron-Angestellte via E-Mail vor den Risiken bei Enron gewarnt. Wu riet ihnen zum möglichst raschen Verkauf ihrer Enron-Aktien. «Die Zeit ist kostbar», heisst es in Wus hastig formuliertem E-Mail vom 21. August. «Zu langes Warten würde Sie ein Vermögen kosten.» Die finanzielle Situation bei Enron «verschlechtert sich», schrieb Wu. «Die Firma hat Liquiditätsprobleme.»

Zur «Berichtigung» griff der Chef gleich selbst in die Tasten

Als Wu am nächsten Morgen zur Arbeit erschien, wurde er fristlos entlassen. Gleichentags versandte sein Chef, Patrick Mendenhall, ein E-Mail an dieselben Adressaten und entschuldigte sich für Wus Warnung. «Mister Wus Aussagen verhalten sich gegenteilig zur aktuellen Enron-Empfehlung» der UBS, schrieb Mendenhall. Diese laute «strong buy». Der Rest ist Wirtschaftsgeschichte. Pleite ging Enron am 2. Dezember 2001, bloss dreieinhalb Monate später.

Für PaineWebber haben die Entlassung Wus und die erwähnten E-Mails möglicherweise teure Folgen. Wus Rauswurf sei ein Beweis dafür, wie das Brokerhaus kritische Stimmen zum Schweigen gebracht habe, macht die Sammelklage geltend. Die von UBS PaineWebber gelieferte Rechtfertigung für Wus Entlassung sieht recht unbeholfen aus: Wu sei entlassen worden, weil es PaineWebber-Angestellten untersagt sei, mehr als zehn Kunden per E-Mail zum Verkauf einer mit «strong buy» bewerteten Aktie zu raten. Am 21. August lag der Enron-Aktienkurs noch bei 36.88 Dollar. Danach wurden weiterhin täglich 3 bis 6 Millionen Aktien gehandelt. Am 30. November schlossen die Papiere bei 26 Cents, heute sind sie wertlos.

«Es gibt keine andere Broker-Firma, die ihre Kunden in Bezug auf Enron derart in die Irre geführt hat», sagt Anwältin Dawn R. Meade, die die Klageschrift mitunterzeichnet hat. Sie schätzt, dass «gegen zehntausend Personen der Klage beitreten werden». Die Forderungen dürften mehrere hundert Millionen, wenn nicht über eine Milliarde Dollar betragen. Statt eine fixe Summe zu beziffern, wird in der Klageschrift der Schaden klar umschrieben: Jedem Kläger stehe die Summe zu, mit der er nach März 2001 auf Grund von PaineWebber-Kaufempfehlungen Enron-Aktien gekauft habe.

Geldvernichtung

Am 28. November 2001 bestimmte Panik den Enron-Handel. Es wurden über 342 Millionen Aktien zu Preisen zwischen 3.69 Dollar und 60 Cents verkauft. Gemessen an der Strong-Buy-Empfehlung von PaineWebber vom 21. August bei 36.88 Dollar wurden somit an einem Tag 10 Milliarden Dollar vernichtet. Am 5. Dezember 2001 brachte eine weitere Verkaufswelle 238 Millionen Enron-Aktien zwischen 90 Cents und 1.26 Dollar auf den Markt. Einen Tag später wurden weitere 130 Millionen Enron-Aktien zwischen 60 und 90 Cents gehandelt

CSFB: Schadenersatz und Strafanzeige
Die Credit Suisse First Boston wird sich nicht nur mit einer Schadenersatzklage, sondern auch mit einer Strafanzeige konfrontiert sehen. Der in Seattle ansässige Anwalt Lynn Sarko beabsichtigt, die CSFB am nächsten Montag auch «höchst wahrscheinlich wegen «Rico» einzuklagen», wie er CASH erklärt. Rico steht für den Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act, ein zwischen 1961 und 1968 ausgearbeitetes Gesetz, mit dem in den USA das organisierte Verbrechen bekämpft wird. Für Sarko besteht der Verdacht, dass die CSFB beim Aufbau der Enron-Partnerschaften behilflich war. Diese hätten die Ausweisung von fiktiven Enron-Gewinnen ermöglicht und die Enron-Manager sowie die CSFB bereichert.