Finanzminister für das Vergessen

Der neue US-Finanzminister John Snow wird sich für seine eigenen umstrittenen Interessen stark machen. Der neue US-Finanzminister John Snow soll Vertrauen in die Wirtschaft schaffen und konservative Richter einberufen. Das könnte auch Ed Fagan betreffen. Er hat eine Sklaverei-Sammelklage eingereicht. Davon ist hauptsächlich eine Firma betroffen, der Snow vorgestanden ist.

Von Peter Hossli

Der Präsident war bester Laune. Für einmal ging es nicht um den Irak. Am Montag hatte George W. Bush im Weissen Haus den neuen Finanzminister vorgestellt. John Snow soll die Trendwende schaffen: die Arbeitslosenquote – die höchste seit Jahren – senken und die anämische Börse ankurbeln. Snow hätte sich als Wirtschaftsführer, als Experte in Wirtschaftsfragen und als Denker und Beamter hervorragend bewährt, sagte Bush. «Er wird ein ausgezeichnetes Mitglied meiner Regierung werden.»

Wenn er es denn werden wird. Aus ungeahnter Ecke regt sich heftiger Widerstand. Snow amtete zehn Jahre lang als Chairman und CEO einer Firma, die in eine Aufsehen erregende Sammelklage verwickelt ist. Er lenkte das Eisenbahnkonglomerat CSX, eine von drei Firmen, gegen die im März eine Klage wegen Profits aus der Sklaverei eingereicht worden ist. Dieses Tabu belastet wie kein anderes den amerikanischen Traum. Die US-Wirtschaft habe mit 20 Billionen Dollar von der Sklaverei profitiert, errechnete das Magazin «Economist».

Snow ignorierte als Firmenchef die Sklavereifrage

«Die Schwarzen werden auf die Barrikaden steigen, um Snow zu verhindern», sagt US-Anwalt Ed Fagan, ein Advokat der Kläger, die im Namen der Nachkommen aller Sklaven eine Klage gegen CSX eingereicht haben. Die sei gefährdet, wenn Snow ins Finanzministerium einziehe, sagt Fagan. «Als einflussreiches Mitglied der US-Regierung wird er alles daran setzen, dass die Klage abgeschmettert wird.»

Snow hat sich erst kürzlich in der «New York Times» für die Einflussnahme der Regierung an den Gerichten ausgesprochen. Das Positive am republikanischen Wahlsieg im November sei, sagte er im «Times»-Interview, dass Bush nun widerstandslos Konservative auf freie Richterstühle hieven könne. «Das widerspricht dem Gerechtigkeitsprinzip», sagt Fagan. «Wenn ein Richter die Robe anzieht, sollte er bloss eines sein: neutral.»

Doch mit der Wahl Snows werde eine ganze Bevölkerungsgruppe desavouiert – die Schwarzen. Als CEO habe es Snow abgelehnt, die zweifelhafte Rolle der CSX anzuerkennen. Die Vorwürfe sind happig: Die Eisenbahnlinien der CSX seien grösstenteils von Sklaven gebaut worden. Ted Kornweibel, Professor für Afrikanistik an der San Diego State University, kann das belegen. Allein aus dem Jahr 1850 fand er 47 Verträge, die CSX-Vorgängerfirmen mit Sklavenhaltern abgeschlossen hatten.

Snow, vermutet Klägeranwalt Fagan, werde sein Amt wohl nutzen, diese trübe Geschichte unter den Teppich zu kehren. «Bush verteilt Posten bewusst an Leute, die ihre eigenen Interessen hegen.»