Kummer mit Kummer

angi1.jpgFälscher Tom Kummer durfte wieder ran. In der Schweizer “Wochenzeitung” schreibt er diese Woche über die Super Bowl. Der Text ist typisch Kummer – gespickt mit falschen, verdrehten und überhöhten Passagen.

So soll Schauspielerin Angelina Jolie das Football-Spiel als “aufregendstes Finale in der Geschichte der National Football League” bezeichnet haben. Google- und Nexis-Lexis-Recherchen bringen keinerlei Jolie-Zitate zur Super Bowl hervor. Weil sie nicht existieren. Jolie war letzte Woche mit Gatte Brad Pitt und Familie auf Promotionstour in Japan. Von dort aus reiste sie direkt in ein Flüchtlingslager nach Thailand weiter, wo sie ein Lager mit geflohenen Burmesen besuchte.

Quasi ein Kummer-Klassiker – er legt Stars Worte in den Mund.

“Es war die beste, emotionalste Football-Show aller Zeiten, bestätigte auch Steven Spielberg in der «Los Angeles Times»”, schreibt Kummer. Im Archiv der “Los Angeles Times” ist kein Zitat von Spielberg zur Super Bowl zu finden.

“Deutlich weniger Fans” hätten sich das Spiel angeschaut, schreibt Kummer. Fakt ist: Das Spiel vom Sonntag war die Super Bowl mit der höchsten Einschaltquote aller Zeiten.

Überhaupt nimmt es Kummer nicht genau mit den Zahlen. Mit “150 Millionen US-Dollar” hätte das TV-Ereignis “einen Viertel weniger” umgesetzt als noch vor Jahresfrist. Fakt ist: NBC erzielte einen Rekordumsatz am Sonntag mit Werbeeinnahmen von 206 Millionen Dollar für die Übertragung des Spiels. Insgesamt nahm der Sender 261 Millionen Dollar ein.

Matchwinner Santonio Holmes bezeichnet Kummer als ehemaligen Crackdealer  – da weiss Kummer mehr als Holmes preisgibt. Gegenüber dem “Miami Herald” outete er sich als Drogenhändler, jedoch nicht als Crackdealer. Ist das wichtig? You bet. Ein Strafmass hängt in den USA von der Droge ab, die einer dealt.

Ob wenigstens die nicht überprüfbaren Passagen in Kummers Text stimmen? Hat Kummer tatsächlich reiche Freunde in den Bergen über Hollywood, die wegen der Krise ihren Pool mit Schutt auffüllen, Gemälde von Ed Ruscha verkaufen müssen, sich aber keine grossen Schalen mit “Guacamole und Chilisauce” mehr leisten können? Yeah, right.

Auf einem “drei Meter breiten Flachbildschirm” will Kummer das Spiel angeschaut haben. Das gibt es gar nicht. Das derzeit grösste TV-Modell hat Panasonic im Angebot. Es misst 2,6 Meter in der Diagonale und 2,4 Meter in der Breite. Der Fernseher kostet bei Amazon knapp 70’000 Dollar.

Journalistische Grundregeln tritt Kummer mit Füssen, deshalb hat er fast überall Schreibverbot. Nicht bei der WOZ. «Einer Person, die Mist gebaut hat, wollten wir eine zweite Chance geben», begründet WOZ-Redaktionsleiterin Susan Boos den Auftrag an Kummer. «Er will in den Journalismus zurück, wir entschieden uns, mit einem unproblematischen Stoff zu beginnen.» Die Super Bowl, sagt Boos, sei «in der Schweiz nicht relevant». Zudem hätte Kummer «sauberen Journalismus» zugesagt. Dass in seinem ersten WOZ-Text vieles nicht stimme, bestreitet sie.

Aus falscher Ehrfurcht? Die «New York Times» soll Kummer mal als «bad guy of German journalism» bezeichnet haben, schreibt die WOZ bewundernd. Falsch. Zwar schrieb das US-Blatt am 2. Juni 2000 über den Fälscher, jedoch nicht mit diesen Worten. Öfters wiederholt Kummer die Floskel selbst, mit der «Los Angeles Times» als Urheberin. Auffindbar ist auch dieser Artikel nicht.

Wer mit Kummer ins Geschäft kommt, sollte jeden Fakt doppelt prüfen.

Bereits letzten Herbst hatte die WOZ Kontakt mit Kummer. Für eine Satirenummer sollte er ein Interview mit Ex-UBS-Chef Marcel Ospel fälschen. Wenn schon Fälschung, dann Kummer, dachten sich die WoZ-RedaktorInnen wohl. Prompt lieferte Kummer den Ospel-Fake. Die Redaktion hatte das Stück jedoch aus juristischen Gründen nicht publiziert. Es war nicht klar genug als Satire zu erkennen.

Tom Kummer retournierte mehrere telefonische Anfragen nicht. Es ist zu hoffen, dass er nie mehr Mist baut.

Bild: Angelina Jolie auf Promotionstour in Japan, 30. Januar 2009.

Artikel in “Sonntag”