Die deutschen Sozialdemokraten sind nicht gerade in bester Form. Ihr Kandidat fürs Kanzleramt mag nicht zu begeistern. Die Umfragewerte der Partei sind erschreckend tief. Kanzlerin Angela Merkel sieht zwölf Wochen vor der Wahl bereits wie eine sichere Siegerin aus.
Umso erstaunlicher, wie die SPD mit ihrem letzten Kanzler umspringt. Zweimal konnte Gerhard Schröder die deutsche Regierung bilden. Und jetzt schneidet ihn die Parteiführung einfach aus einem historischen Bild raus.
Wie das? Am Mittwochabend traten im Willy-Brandt-Haus in Berlin Günter Grass und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zu einem Gespräch auf. Es ging um die intellektuelle Freundschaft zwischen Grass und Willy Brandt und den auf 1230 Seiten gedruckten Briefwechsel zwischen den beiden. Wolfgang Thierse moderierte Kandidat und Literat. Über den drei Parteigrössen hing ein Bild, das Grass und Brandt beim Spaziergang zeigt. Der Politiker mit Krawatte, der Schriftsteller rauchend mit Pfeife.
Das Bild stammte aus dem Jahr 1985, dokumentiert den Wahlkampf, gilt als historisch bedeutend – und es war beschnitten.
Links von Brandt stand damals nämlich Gerhard Schröder. Er trug einen verwaschenen Pullover, war Abgeordneter im deutschen Bundestag und ein Hoffnungsträger der Linken.
Man kann nur spekulieren, warum die Genossen das Bild und somit die Geschichte so krass verändert haben. Vermutlich wollten sie den jetzige SPD-Kandidaten nicht daran erinnern, dass einst ein anderer Sozi wusste, wie bundesweite Wahlen zu gewinnen sind.