Amerikaner wütend wegen Gerüchten

Spektakulär klangen die Schlagzeilen der letzten Wochen zum Steuerstreit mit den USA. «Eck­werte für Deal mit USA stehen», titelte die «NZZ am Sonntag».

Der Aargauer «Sonntag» wusste: «Steuerstreit mit USA: Schweiz ­kapituliert». Die Zeitung berichtete: «Staatssekretär Michael Ambühl hat im Steuerstreit mit den USA eine Lösung gefunden.» Die sei nicht sonderlich gut und bedeute «das Ende der Globallösung».

Am Freitag titelte die NZZ: «Bundesrat vertagt Entscheid». Dabei hat der Bundesrat nichts zu entscheiden. Die Verhandlungen laufen noch. Ein Ergebnis fehlt. Eine Kapitulation gibt es nicht. Die Globallösung bleibt auf dem Tisch. Gerade weil der Bundesrat zu vielem nicht Ja sagt, zieht es sich hin.

Die Gerüchte in der Presse aber irritieren und ärgern die Unterhändler von US-Justizminister Eric Holder. Sie vermuten, Schweizer Diplomaten streuten Indiskretionen. Das schürt Misstrauen. Misstrauen ist Gift in der Diplomatie.

Die USA verfolgen genau, was die Schweizer Presse berichtet. «Es gehört zu unseren Aufgaben, alles zu lesen und Washington zu berichten, was über die USA geschrieben wird», sagt der Sprecher der US-Botschaft in Bern, Alexander Daniels. «Beim Thema Banken sind wir besonders aufmerksam.» Ob US-Dip-lomaten verärgert sind, will er weder bestätigen noch dementieren.

Oft beflügeln vom Bund in Auftrag gegebene Abklärungen die ­Gerüchte. Zur Presse gelangen sie ohne Zutun von Diplomaten und ohne Kontext. Die Ironie: Jahrelang versorgte die US-Regierung die US-Presse mit Details zu Steuerhinterziehern – und erhöhte so den Druck auf Schweizer Banken. Die Schweiz verhandelt diskret – und leidet unter Gerüchten, verbreitet von der Schweizer Presse.

SonntagsBlick, 21. April 2013