Ein peinlicher Auftritt von Schweizer Plastikkühen brachte im Mai 2000 einen CASH-Primeur in die altehrwürdige «New York Times».
Reichlich ramponiert war Ende der Neunzigerjahre das Image der Schweiz in den USA. Eben erst hatten die Banken 1,25 Milliarden Dollar für nachrichtenlose Konten aus dem Zweiten Weltkrieg bezahlt. In den Köpfen vieler Amerikaner galten die Eidgenossen als Helfer der Nazis. Abhilfe schaffen sollte ausgerechnet eine Parade mit von Künstlern verzierten Plastikkühen. Die lustigen Zürcher Viecher, dachte sich das EDA, würden die Schweizer als friedfertig, originell und fröhlich zeigen. Die PR-Abteilung des EDA warf dafür 200 000 Franken auf.
Als die Kühe dann im Sommer 2000 parat standen, war von der Schweiz oder von Zürich keine Rede mehr. Regelrecht über den Tisch gezogen hatten US-Anwälte die naiven Schweizer. Fünfzig per Schiff angereiste Plastikhuftiere galten als entflammbar – und mussten zurück. Obendrein sicherte sich US-Anwalt Jerome Elbaum weltweit die Urheberrechte an den Kühen und am Begriff Cow-Parade. «Die Schweizer haben keine Ahnung, wie man in den USA geschäftet», erklärte Elbaum. Detailreich schilderte er, wie dilettantisch sich die Schweizer Firmen und das Konsulat verhielten.
Freudig reagierte CASH auf die Recherchen und reservierte zwei Seiten. Die Geschichte war zu gut, um sie nur in der Schweiz zu erzählen. Ich schickte ein E-Mail an die Lokalredaktion der «New York Times» und bot sie an. «Danke, aber wir berücksichtigen keine Artikel von freien Mitarbeitern», hiess es umgehend. Ich liess nicht locker und fasste die Fakten in einem längeren E-Mail zusammen und schickte es ab. Fünf Minuten später klingelte das Telefon. «Wir wollen Sie sehen», sagte die Leiterin der Lokalredaktion. Per Subway fuhr ich zum Times Square und betrat, zugegeben ehrfürchtig, die Redaktionshalle der «New York Times». Zwei Redaktorinnen und ein Reporter trafen mich in der Kantine zum Kaffee. «Okay, so läuft das bei uns», fingen sie an. «Wir kaufen grundsätzlich keine Artikel von auswärtigen Journalisten, Autorenzeilen erhalten nur feste Schreiber.» Verzichten wollten sie auf die Geschichte aber keinesfalls. Sie boten an, dass der renommierte Kriegsreporter Chris Hedges den Artikel aufgrund meiner Recherchen neu schreiben würde. Jedes Telefon mit Informanten müsse ich von der NYT-Redaktion aus nochmals führen und mich als Reporter der «New York Times» ausgeben. Dafür gebe es ein Honorar als Recherchierkraft und Übersetzer. Im Artikel würde ich als Reporter zitiert werden, der den Kuhhandel im CASH aufgedeckt habe.
«Hallo, hier Hossli von der “New York Times”»
Der Vorschlag machte mich halbwegs glücklich. Allzu gerne hätte ich eine Autorenzeile in der «New York Times» gehabt. Ich setzte mich an ein Dienstpult und begann zu telefonieren. «Hallo, hier Hossli von der “New York Times”», meldete ich mich und sammelte jene Zitate nochmals, die ich zuvor für CASH eingeholt hatte. Hedges verarbeitete sie zu einem flotten Artikel, der am 31. Mai erschien, gross aufgemacht auf der Frontseite des Lokalbundes. Stinksauer reagierte das Schweizer Konsulat. Freude herrschte hingegen bei CASH. Bald darauf bot mir das Blatt einen Fixumvertrag an. Bei der «New York Times» erhalten freie Mitarbeiter mittlerweile eine Autorenzeilen. Nach einem Fälscher-Skandal änderte die Zeitung 2003 ihre Richtlinien.
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