Trump und seine Fans erobern New York

Der konservative Präsidentschaftskandidat Donald Trump (78) tritt in einer der liberalsten Städte der USA auf – weil er hier viel Geld sammeln und Aufmerksamkeit gewinnen kann. Zu Tausenden strömen seine Anhänger nach New York.

Von Peter Hossli (Text) und Stefan Falke (Foto)

Gelblich-blau färbt sich der Morgenhimmel über New York. Doch die Farbe, die die Stadt prägt, ist rot. Tausende Menschen versammeln sich bereits im Morgengrauen vor dem Madison Square Garden, der wohl berühmtesten Sport- und Konzerthalle der Welt.

Fast alle tragen rote Mützen, Pullover und Jacken mit dem Schlachtruf «Make America Great Again». Es sind Fans des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump (78). Sie erobern New York. Ihr Idol spricht am Sonntagabend im «Garden.» Ausgerechnet in einer der liberalsten Städte der USA versammeln sich die Konservativen Amerikas. Dort, wo Trump zwar geboren, aufgewachsen und reich geworden ist, aber nur wenige Anhänger hat.

Den Staat wird er kaum gewinnen. Und doch ist er hier, weil er viel Aufmerksamkeit bekommen kann – nicht nur in den traditionellen Medien, sondern auch auf den Social-Media-Plattformen. New York eignet sich, um Geld für die Wahlkampfkasse zu sammeln. Und Trump liebt die Stadt, die er aus Steuergründen verlassen hat.

«Trump wird das ändern»

Für sie sei es «sehr emotional», dass Trump in New York auftrete, sagt die 52-jährige Kinderfrau Sandy Olson, die hier lebt. «Dass Trump meine Stadt besucht, macht mich stolz, für ihn ist es ein Heimspiel.»

Seit Trump nicht mehr Präsident sei, habe sich New York stark verändert. Statt sich um Obdachlose zu kümmern, müsse die Stadt nun für illegale Einwanderer aufkommen. «Trump wird das ändern», sagt Olson. «Er wird umsetzen, was er verspricht – und Amerika wieder stark machen.»

Die Gegend rund um den Madison Square Garden gleicht einer Festung. Die Polizei hat viele Strassen abgeriegelt, selbst für Fussgänger. Am Himmel kreisen Helikopter. Rund um die Sporthalle bilden sich lange Schlangen. Die Stimmung ist ausgelassen.

Inmitten des Trubels wartet Laurel Hoffmann (71) auf Einlass. Acht Stunden anzustehen, mache ihr nichts aus. Sie trägt einen Davidstern und eine Plakette zu Ehren der israelischen Geiseln im Gazastreifen. «Ich sorge mich um Israel», sagt sie. «Trump versteht den Nahen Osten, deshalb wähle ich ihn.» Vizepräsidentin Kamala Harris (60) wirft sie vor, den Iran zu stärken. «Und das ist eine grosse Gefahr für Israel und für die Juden in den USA.»

Anhänger: Wir leiden und Trump ist für uns da

Um 12 Uhr öffnen sich die Tore. Die Menschen strömen hinein. «Ich bin ein bisschen nervös, so viele Trump-Anhänger mitten in New York zu sehen», sagt die Lehrerin Sherene Sokol (51) aus Poughkeepsie, zwei Autostunden von Manhattan entfernt. Sie spricht aus, was im Wahlkampf von Trump-Anhängern oft zu hören ist: «Wir brauchen Trump, weil wir wirklich leiden. Die Leute können sich das Essen nicht mehr leisten.»

Trump sei jemand, «der für die Menschen da ist, ein normaler Typ, der Amerika helfen will», findet sie. Nur eines stört sie: «Ich mag es nicht, wenn er schimpft. Ich bin Lehrerin, und wenn er bellt und andere angreift, ist er kein gutes Vorbild.»

Neben Trump sprechen der Unternehmer Elon Musk (53), der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani (80) und Robert F. Kennedy Jr. (70), der Neffe des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy.

Bernadette Dalesandro (63), eine ehemalige Marinesoldatin, erzählt, dass sie Anfang der 1990er-Jahre im Irakkrieg gekämpft habe. «Trump ist hier, weil er allen zeigen will, dass er eine Chance hat zu gewinnen, sogar in New York.» Sie wähle ihn, «weil er niemanden grundlos in den Krieg schickt. Ich weiss, was Krieg bedeutet – es darf keine Kriege mehr geben». Kann sich Europa noch auf die USA verlassen? «Ja, aber es muss ein Geben und Nehmen sein – wir können nicht alles bezahlen.»